Joey Flynn von Open AI dämpft bei der Präsentation von „Sora“ zu hohe Erwartungen: „Wer erwartet, dass man bei Sora nur auf einen Knopf drücken muss und es kommt ein Kinofilm raus, der liegt falsch.“ Auch Duncan Crabtree Ireland, geschäftsführender Direktor der Schauspielergewerkschaft SAG AFTRA, sieht durchaus noch Grenzen bei der Technologie. Die mit Sora erstellten Videos seien zwar beeindruckend, aber noch stark limitiert – ohne Ton und nur als kurze Videoschnipsel.
Zwischen technischen Grenzen und kreativen Chancen
Holly Willis, Professorin für Film und Medien an der University of Southern California, experimentiert mit ihren Studenten mit KI im Film. Sie kennt die aktuellen Schwächen der Systeme: Hauptfiguren konsistent darzustellen oder zum Sprechen zu bringen, sei noch eine große Herausforderung. Auch komplexe Bewegungen bringen die KI-Systeme an ihre Grenzen.
Dennoch ist Willis fasziniert von den kreativen Möglichkeiten: „Was mich begeistert ist, wenn Filmemacher die Unzulänglichkeiten gezielt einsetzen – diese verschwommene, fehlerhafte Ästhetik. Manche nutzen diese KI-Pannen, um wirklich beeindruckende Filme zu produzieren.“
Der Kampf um Rechte und Arbeitsplätze
Besonders für unabhängige Filmemacher eröffnet KI neue Perspektiven, Projekte zu realisieren, die ohne Studio-Budget bisher undenkbar waren. Trotzdem herrscht in Hollywood Sorge um Arbeitsplätze. Der monatelange Streik von Schauspielern und Drehbuchautoren im vergangenen Jahr führte zu ersten Schutzmaßnahmen: Studios dürfen KI nicht ohne Einwilligung nutzen, um Schauspieler und ihre Stimmen zu reproduzieren. „Aktuell liegt dem Kongress ein Gesetzentwurf vor, der das Konzept der informierten Einwilligung für die Nutzung von Bildern, Aussehen oder Stimme bundesweit verankern soll“, erklärt Crabtree Ireland.
Von digitaler Verjüngung zu künstlichen Komparsen
Während KI bereits erfolgreich für die digitale Verjüngung von Stars wie Harrison Ford in „Indiana Jones“ oder Tom Hanks in „Here“ eingesetzt wird, könnten künftig auch komplett künstliche Schauspieler als Komparsen zum Einsatz kommen. Sam Tung von der Animation Guild, der in der KI-Taskforce seiner Gewerkschaft verhandelt, bleibt skeptisch: „Das wird maßlos überhyped, und die urheberrechtlichen Probleme sind enorm.“
Das Dilemma der Kreativen
Als Storyboard-Künstler sieht er sich in einem Dilemma: „Um neue Kunden zu gewinnen, muss ich meine Arbeit ins Internet stellen, wo sie dann von KI-Firmen zum Training ihrer Modelle genutzt wird. Ich grabe mir damit quasi selbst das Grab – das fühlt sich sehr ungerecht an.“
Technik vs. menschliche Kreativität
Während Open-AI-Chef Sam Altman verspricht: „Es ist noch früh, aber es wird noch viel, viel besser werden“, bleiben viele in Hollywood skeptisch. Selbst wenn KI irgendwann auf Knopfdruck einen kompletten Film produzieren könnte – wäre das überhaupt wünschenswert? Sam Tung ist überzeugt: „Ich glaube, die meisten im Publikum wollen, wenn man ihnen die Wahl lässt, lieber die Perspektive eines Künstlers.“ Crabtree Ireland pflichtet bei: „Nur weil wir etwas können, heißt das noch lange nicht, dass wir es auch tun sollten.“