Wer Unterhalt zahlt oder erhält, landet fast immer bei derselben Leitlinie: der Düsseldorfer Tabelle. Sie hat zwar keine Gesetzeskraft, wird aber seit Jahrzehnten bundesweit von Jugendämtern, Anwälten und Gerichten als maßgebliche richterliche Orientierung genutzt. Zum 1. Januar 2026 tritt die neue Version in Kraft.
Mehr Geld in allen Altersgruppen
Die Bedarfssätze für minderjährige Kinder steigen im neuen Jahr in allen Alterskategorien jeweils leicht an. Der Basissatz wird auf der Grundlage eines Nettoeinkommens der oder des Unterhaltspflichtigen von bis zu 2.100 Euro ermittelt. Bis zu dieser Grenze steigt der Satz.
- Für Kinder bis fünf Jahre auf 486 Euro
- Für Kinder bis elf Jahre auf 558 Euro
- Für Kinder bis zum 17. Lebensjahr auf 653 Euro
- Für volljährige Kinder liegt der Basiswert ab Januar 2026 bei 698 Euro.
Wer mehr verdient, muss auch mehr bezahlen. Die Tabelle ist in insgesamt 15 Gehaltsgruppen gestaffelt, die sich am monatlichen Nettoeinkommen orientieren. Wer mehr als 9.701 Euro netto verdient, zahlt den Höchstsatz:
- Für Kinder bis fünf Jahre 972 Euro
- Bis elf Jahre 1.116 Euro
- Für Kinder bis 17 Jahre 1.306 Euro
- Für volljährige Kinder 1.396 Euro
Für die Ermittlung des exakten Zahlbetrags ist entscheidend, dass die Tabelle den Bedarf ausweist – nicht automatisch den tatsächlichen Zahlbetrag. Das Kindergeld (2026: 259 Euro) wird bei Minderjährigen in der Regel zur Hälfte und bei Volljährigen vollständig angerechnet. In der Praxis führt das dazu, dass sich die Erhöhung häufig nicht in voller Höhe bemerkbar macht.
Elternunterhalt: klare Schutzgrenzen
Deutlich stärker verändert sich der Bereich des Elternunterhalts. Wenn pflegebedürftige Eltern Unterstützung benötigen, müssen unterhaltspflichtige Kinder erst dann zahlen, wenn ihnen mindestens 2.650 Euro netto im Monat verbleiben. Verdient der Unterhaltspflichtige mehr, müssen 70 Prozent des Einkommens, das über diesen Betrag hinausgeht, für den Elternunterhalt verwendet werden. Bei verheirateten Unterhaltspflichtigen wird zusätzlich das Einkommen des Ehepartners berücksichtigt, wobei die Berechnung nach den gemeinsamen Lebensverhältnissen erfolgt.
Diese Grenzen folgen der aktuellen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs und sollen verhindern, dass Angehörige durch Pflegekosten wirtschaftlich überfordert werden. Auch beim Enkelunterhalt, wenn Eltern nicht leistungsfähig sind, gelten dieselben Schwellen – Einkommen oberhalb des Selbstbehalts wird nicht vollständig, sondern anteilig berücksichtigt.
Was bedeutet Selbstbehalt?
Der Selbstbehalt ist jener Betrag, der dem Unterhaltspflichtigen mindestens zum Leben verbleiben muss – zur Deckung der eigenen Wohn- und Lebenshaltungskosten. Er soll vermeiden, dass Unterhaltspflichtige durch ihre Zahlungen wirtschaftlich überfordert werden.
Der Selbstbehalt wird in drei verschiedenen Stufen unterschieden, je nachdem, ob Unterhalt für minderjährige Kinder, volljährige Kinder oder Eltern gezahlt wird.
Bayern: Unterhalt zwischen Tabelle und Wirklichkeit
Die neue Düsseldorfer Tabelle verändert damit vor allem die Einstiegsschwellen und sorgt für mehr Rechtssicherheit bei Angehörigen, die Unterhalt für Eltern oder Enkel zahlen könnten. Ihre Wirkung zeigt sich aber weniger in den Zahlen, sondern in der Praxis: In Bayern entscheidet zunehmend der Einzelfall, und nicht die Zeile in der Tabelle.
Gerichte im Freistaat betonen seit Jahren, dass die Düsseldorfer Tabelle nur der Ausgangspunkt der Berechnung ist. Im Jahresbericht der südlichen Familiengerichtsbarkeit 2024 wird hervorgehoben, dass unterhaltsrechtliche Verfahren regelmäßig von den Tabellenwerten abweichen – nicht selten aufgrund hoher Wohnkosten, geteilter Betreuungsmodelle oder unregelmäßiger Einkommen.
Individueller Bedarf statt starrer Richtwerte
Am Amtsgericht München, einem der größten Familiengerichte in Deutschland, wird darauf verwiesen, dass die Tabelle im Wechselmodell (50:50 bei beiden Elternteilen), bei stark flexibilisierten Arbeitszeiten oder mehreren Unterhaltsberechtigten nicht automatisch greift. In solchen Konstellationen wird oft ein individueller Bedarf festgelegt, der sowohl über als auch unter dem Tabellenwert liegen kann.
Besonders sichtbar wird das in sogenannten Mangelfällen: Wenn das Einkommen nicht reicht, um alle Ansprüche zu bedienen, legen Gerichte eine anteilige Verteilung fest. Die Tabelle wird dann bewusst verlassen – nicht aus Willkür, sondern um wirtschaftliche Zumutbarkeit zu sichern.

