Es ist eiskalt an diesem Nachmittag in Dachau. Winter – für die Baufirmen eine besonders schwere Zeit, manche Arbeiten müssen pausieren, wenn die Temperaturen zu weit sinken. Bauunternehmer Raffael Diepold geht über die Baustelle eines Privathauses, das sich noch im Rohbau befindet, sechs Wohnungen wird es einmal haben, in einem Jahr soll es fertig sein. Heute kontrolliert er den Baufortschritt in den Badezimmern.
Seine gleichnamige Firma hat 20 Mitarbeiter. Das Unternehmen stehe noch einigermaßen gut da, meint er – aber auch nur, weil es sehr breit aufgestellt sei, mit Neubau und Sanierung sowohl im privaten als auch im öffentlichen Bereich, mit vielen verschiedenen Auftraggebern.
Lage im bayerischen Baugewerbe weiter angespannt
Die Lage in der Branche mit ihren 13.350 Unternehmen in Bayern ist angespannt. Die Umsätze etlicher Baubetriebe seien in den vergangenen zwei Jahren um fast die Hälfte geschrumpft, sagt der Präsident der bayerischen Baugewerbeverbände, Georg Gerhäuser. Die Basis sei so extrem niedrig wie selten zuvor. Weniger gehe fast nicht mehr.
Vor einem Jahr hat noch über die Hälfte der Unternehmen in der Umfrage des Bayerischen Baugewerbes erwartet, dass sich die Geschäfte weiter verschlechtern, aktuell ist es zwar nur ein Drittel der Betriebe. Doch vor allem im öffentlichen Hochbau sowie im Straßenbau klagen viele über zu wenige Aufträge. In diesen Bereichen fällt auch der Blick in die Zukunft schlechter aus als in anderen Bereichen.
Bauunternehmen beklagen, dass der Staat zu wenig investiert
Die Kommunen halten sich mit Investitionen zurück, viele Unternehmen sparen und private Häuslebauer halten sich zurück wegen hoher Kosten, gestiegener Zinsen und fehlender Förderung. Als größtes Problem sieht Bauunternehmer Diepold, dass der Staat wenig investiere. Dieser müsse nun mit Vorbildcharakter vorangehen und signalisieren, dass Deutschland ein guter Markt mit Zukunftsperspektive sei. Das wäre auch ein positives Signal für die privaten Bauherren.
Der Baugewerbe-Präsident Gerhäuser bezeichnet die Finanznot der Städte und Gemeinden als besorgniserregend. In dieser Situation sei es wichtig, dass der Freistaat die Investitionsquote weiter erhöhe.
Bauturbo und Förderung sollen Nachfrage ankurbeln
Große Hoffnung setzt Gerhäuser jetzt auf den Bauturbo, mit dem Genehmigungsverfahren beschleunigt werden sollen. Die Kommunen müssten dieses Instrument aber auch nutzen.
Außerdem müsse jetzt kurzfristig die bereits angekündigte Förderung des EH-55-Standards starten. Hier wird der Bau umweltfreundlicher Häuser mit günstigen Krediten durch die Förderbank KfW unterstützt. Mehr als 70 Prozent der Betriebe sehen dieses Instrument als besonders geeignet an, um den Wohnungsbau wiederzubeleben, so Gerhäuser.
Weniger Auflagen könnten Bauen günstiger machen
Was der Branche Rückenwind geben würde, wären niedrigere Baukosten, etwa durch das Reduzieren von Vorlagen, wie Schallschutz oder Brandschutz. Man solle von den großen Regelwerken Abstand nehmen, meint Bauunternehmer Diepold. Aktuell habe man etwa annähernd dieselben Anforderungen, egal ob man im sozialen Wohnungsbau tätig sei oder ein höherwertiges Penthouse im privaten Bereich baue.
Eine Möglichkeit sei der Gebäudetyp E, bei dem gewisse Standards abgesenkt werden. Der müsse allerdings schnell umgesetzt werden, betont Baugewerbe-Präsident Gerhäuser. Das Ganze müsse die Politik nun möglichst zeitnah in juristische, trockene Tücher bringen.
Verhalten optimistischer Blick in die Zukunft
Angesichts solcher bevorstehenden Änderungen blicken die Unternehmen im Wohnungsbau auch optimistischer in die Zukunft als in anderen Teilen der Baubranche. Dazu kommt: Nach Zahlen des Statistischen Landesamtes sind in den ersten neun Monaten im Vergleich zum Vorjahreszeitraum wieder mehr Wohnungsbaugenehmigungen erteilt worden, vor allem im ländlichen Bereich.
Wichtig für den Bauunternehmer Diepold ist, dass er mit seiner Firma relativ gut durch die schweren Zeiten gekommen sei und die Fachkräfte halten konnte. Denn wenn der Bauturbo mal zündet und es der Branche besser gehen sollte, dann sei es wichtig, gute Mitarbeiter zu haben.

