Dass die Geschäfte des angeschlagenen Agrarkonzerns BayWa im vergangenen Jahr schlecht liefen, war absehbar. Dennoch überrascht die Höhe des möglichen Verlustes. Unterm Strich dürfte ein dickes Minus in Höhe von 1,203 Milliarden Euro stehen. Zwar will die BayWa den Geschäftsbericht für das vergangene Jahr erst im Juli vorlegen. Der Anfang April aktualisierte finale Entwurf des von der Unternehmensberatung Roland Berger erstellten Sanierungsgutachtens, das dem BR vorliegt, jedoch zeigt: Der krisengeschüttelte Konzern hat die Zurückhaltung von Kunden und Lieferanten zu spüren bekommen.
Ergebnis wohl noch schlechter als erwartet
So beschreiben die Sanierungsexperten die Lage: „Die aktuelle Geschäftsentwicklung per vorläufigen Zahlen für 2024 zeigt rückläufige Umsätze bei allen Teilkonzernen mit Ausnahme Global Produce.“
Gravierend ist: Das vorläufige Ergebnis ist nochmals schlechter als ursprünglich angenommen. Demnach rutschte die BayWa wegen zusätzlicher Wertberichtigungen bei der Erneuerbare-Energien-Tochter BayWa r.e. tiefer in die roten Zahlen. Auch seien die Zinskosten höher als erwartet. Die Sanierer rechnen jetzt damit, dass der krisengeschüttelte Konzern im vergangenen Jahr mehr als 410 Millionen Euro Zinsen an Banken und sonstige Gläubiger zahlen musste.
Beinahe-Insolvenz und Sanierung-Verfahren
Der Agrarkonzern BayWa ist im vergangenen Sommer haarscharf an einer Insolvenz vorbeigeschrammt. Banken und Eigentümer pumpten hunderte Millionen Euro in das Traditionsunternehmen, um den Fortbestand der Firma zu gewährleisten.
Zugleich lief die Sanierung an, die Anfang des Jahres in ein sogenanntes StaRUG-Verfahren mündete. Damit können Gläubiger, die bei der Restrukturierung nicht mitziehen wollen, gerichtlich dazu gezwungen werden.
Gutachter rechnen auch 2025 mit Milliardenverlust
Düster sind auch die Aussichten auf das aktuelle Geschäftsjahr. Laut Sanierungsgutachten weiten sich die Verluste mit einem Fehlbetrag von 1,23 Milliarden Euro weiter aus. Ausschlaggebend seien die anhaltend krisenhafte Situation und damit einhergehend eine „Verunsicherung der Kunden“. Hinzu kämen Belastungen durch eine „konjunkturelle Schwächephase im Baustofffachhandel“. Die Umsätze sollen im Vergleich zu 2024 um mehr als 2,5 Milliarden Euro sinken auf rund 19 Milliarden Euro, bedingt auch durch erste Firmenverkäufe.
Die hohen Verluste sind bei der Sanierung einkalkuliert. Durch zusätzliche Kredite und eine Erhöhung des Eigenkapitals ist die BayWa bis Ende 2028 durchfinanziert. Auf Anfrage erklärt die BayWa, das operative Geschäft verlaufe „planmäßig“, wie in solchen Situationen üblich, gebe es „hohe Sonderabschreibungen und Wertberichtigungen“.
Gewinne erst wieder 2028
Besserung ist laut des Sanierungsgutachtens ab 2026 in Sicht. Dann gehen die Verluste zurück. Einen Gewinn soll die BaWa erst 2028 wieder einfahren. Die Gutachter rechnen dann mit einem positiven Konzernergebnis von rund 490 Millionen Euro. Bis dahin sollen mit dem holländischen Getreidehändler Cefetra, dem neuseeländischen Obsthändler T&G und der Erneuerbaren-Energien-Tochter BayWa r.e. drei wesentliche Beteiligungen verkauft sein.
So will der Konzern seine Schulden um rund 4 Milliarden Euro senken. Hinzu kommen zahlreiche Maßnahmen zur Kostenreduzierung, unter anderem ein um 40 Prozent reduzierter Personalaufwand. Die sanierte BayWa wird sich auf die angestammten Kernbereiche Agrar, Technik, Energie und Baustoffe konzentrieren.
Chancen und Risiken der geschrumpften BayWa
Dabei setzt die BayWa auf „langjährige Beziehungen zu wichtigen Akteuren“, insbesondere den Landwirten, und sieht Chancen in einer „steigenden Nachfrage nach innovativen Produkten und Serviceangeboten“. Allerdings ist laut Sanierungsgutachten bei den Betriebsmitteln für Landwirte und bei fossilen Energien mit „rückläufigen Märkten“ zu rechnen.
Insgesamt sehen die Gutachter Chance und Risiken. Die Geschäftsentwicklung könnte besser laufen als prognostiziert, wenn die Rohstoff- und Energiepreise stärker steigen. Abwärtspotential bergen demgegenüber ein möglicher Preisverfall bei Agrarrohstoffen, schlechtere Wetterbedingungen oder ein starker Widerstand der Belegschaft gegenüber Forderungen, auf Lohnerhöhungen zu verzichten.