Die EU hebt rund ein halbes Jahr nach dem Sturz von Langzeitherrscher Baschar al-Assad die Wirtschaftssanktionen gegen Syrien auf: Das hat die Chefdiplomatin der EU, Kaja Kallas, mitgeteilt. Die EU-Außenminister hätten es beschlossen. Bereits letzte Woche hatte US-Präsident Trump überraschend verkündet, die USA würden ihre Wirtschaftssanktionen gegen Syrien stoppen. Unterdessen gibt es aber auch Warnungen aus den USA.
Neu ist vor allem der Wegfall von Sanktionen gegen die Zentralbank
Nach dem Willen der EU sollen alle Wirtschaftssanktionen fallen – bis auf Sanktionen gegen Personen und Organisationen, die Verbindungen zum Assad-Regime oder Verantwortung für die gewaltsame Unterdrückung des syrischen Volkes haben, sowie für Menschenrechtsverletzungen. Zudem bleiben auch Ausfuhrbeschränkungen für Waffen sowie Güter und Technologien, die zur internen Repression verwendet werden, vorerst in Kraft. Dazu gehören zum Beispiel auch Abhör- und Überwachungssoftware.
Bereits im Februar hatten die EU-Staaten vereinbart, die Sanktionen schrittweise zu lockern, damit sich die Wirtschaft in Syrien rasch erholen kann und der Wiederaufbau des kriegsgeschundenen Landes unterstützt wird. Dafür wurden Sanktionen im Energie-, Transport- und Bankensektor bereits bis Juni ausgesetzt. Unter anderem weitreichende Einschränkungen für die Zentralbank blieben zunächst aber bestehen. Damit hatte das syrische Bankensystem bislang keinen Zugang zum internationalen Kapitalmarkt.
EU auf gleichem Kurs wie US-Regierung
Die EU schließt sich mit ihrem Vorgehen dem Kurs des neuen US-Präsidenten Donald Trump an. Dieser hatte bereits in der vergangenen Woche die Aufhebung aller US-Sanktionen angekündigt. Die EU hat auch die Hoffnung, dass nach einer Stabilisierung des Landes Hunderttausende syrische Flüchtlinge in der EU eines Tages in ihre Heimat zurückkehren können. Syrer hatten viele Jahre lang einen großen Teil der in der EU ankommenden Flüchtlinge ausgemacht.
Der deutsche Außenamtschef Wadephul sprach von einer Chance für die neue syrische Führung. Man erwarte aber eine eine Politik, die alle Bevölkerungsgruppen und Religionsgruppen einbeziehe. Wichtig sei, dass es ein geeintes Syrien gebe, das seine Zukunft in die eigene Hand nehmen könne.
Rubio warnt vor neuem Bürgerkrieg in Syrien
Während die EU-Außenminister tagten, warnte der US-Außenminister Rubio, die neue syrische Regierung stehe möglicherweise vor dem Zusammenbruch. „Nach unserer Einschätzung ist die Übergangsregierung, offen gesagt, angesichts der vor ihr liegenden Herausforderungen vielleicht nur noch Wochen, nicht viele Monate, von einem möglichen Zusammenbruch und einem umfassenden Bürgerkrieg epischen Ausmaßes entfernt“, sagte Rubio vor dem Auswärtigen Ausschuss des Senats. Dies würde im Grunde die Spaltung des Landes bedeuten. Der Ausschuss befragte Rubio zudem zur Ankündigung von Trump, die Sanktionen gegen Syrien aufzuheben. Den Mitarbeitern seines Ministeriums in der Türkei werde erlaubt, mit den örtlichen Behörden in Syrien zu klären, welche Art von Hilfe sie benötigen, kündigte er an.
Die EU erklärte es mit mangelnden Alternativen, dass sie die Sanktionen aufhebt, auch wenn aktuell Gewalt zwischen unterschiedlichen Bevölkerungsgruppen in Syrien herrscht. Zwar gebe es weiter Zweifel, ob sich die Regierung von Präsident Ahmed al-Schaara in die richtige Richtung bewege, sagte die EU-Chefdiplomatin Kaja Kallas. Aus ihrer Sicht habe man aber keine Wahl. Man müsse es dem Land ermöglichen, sich zu stabilisieren, um eine Entwicklung wie in Afghanistan zu vermeiden.
Mit Informationen von AFP und dpa