Wer sich die offizielle Funklochkarte der Bundesnetzagentur anschaut, sieht noch immer viele Löcher. Laut bayerischem Wirtschaftsministerium gibt es derzeit noch auf gut 3 Prozent der Fläche im Freistaat weiße Flecken. Das heißt, hier stellt keiner der Mobilfunknetzbetreiber 4G oder 5G zur Verfügung. Auf knapp 16 Prozent der bayerischen Landesfläche sind graue Flecken – hier bieten also weiterhin nicht alle Netzbetreiber Empfang. Gerade die letzten Lücken zu schließen, kann für die Mobilfunkgesellschaften schwierig und teuer sein. Es handelt sich dabei oft um Standorte, die zum Beispiel schwer zugänglich sind, oder die in einem Naturschutzgebiet liegen.
Eine Lösung für die Hälfte aller Problem-Gebiete
Hier könnte helfen, auf bereits bestehende Infrastruktur aufzusetzen, also etwa auf Strommasten oder Windrädern eine Mobilfunkantenne zu installieren. Eine Studie der Beratungsfirma WIK-Consult im Auftrag des Bundesverbands der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW) kommt zu dem Ergebnis, dass sich so relativ schnell fast die Hälfte der weißen und grauen Flecken beseitigen ließe.
Über 100.000 Haushalte hätten besseren Empfang
Konkret findet die Untersuchung etwas über 1.000 attraktive Standorte, also Strommasten, Windräder, Wassertürme oder Gebäude von Energieversorgern, an denen Mobilfunkantennen vergleichsweise leicht aufgebaut werden könnten. Damit ließe sich laut Studie die Fläche der weißen und grauen Flecken um 43 Prozent reduzieren und gut 110.000 Haushalte besser versorgen, das entspricht rund 49 Prozent aller bisher schlecht versorgten Haushalte.
Besseres Handynetz an Straßen und Schienen
Außerdem würden rund 22.000 Kilometer Straße und gut 200 Kilometer Bahnstrecke so schneller komplett mit Mobilfunk versorgt. Und: Die Mobilfunkgesellschaften könnten viel Geld sparen, indem sie die vorhandene Infrastruktur nutzen, sagen die Forscher – allein beim Beseitigen der weißen Flecken rund 400 Millionen Euro. Schlussfolgerung: eigentlich müssten alle ein reges Interesse daran haben, etwa Strommasten und Windräder zu nutzen.
Wirtschaftsministerium eher skeptisch
Im Bayerischen Wirtschaftsministerium ist man sich ganz so euphorisch. Auf Nachfrage heißt es, in Einzelfällen könne diese Lösung tatsächlich zu einer Versorgungsverbesserung führen. „Für einen großflächigen Lückenschluss schätzen wir das Potenzial allerdings als relativ gering ein.“ Das Ministerium beruft sich auf Aussagen der Mobilfunknetzbetreiber. Die befürchten zum Beispiel, dass die eigenen Techniker bei Störungen nur beschränkt Zugang zu den Masten haben. Teilweise müsse der Strom für Wartungsarbeiten oder technische Updates abgeschaltet werden.
Energieversorger machen Druck
Die Widerstände und Bedenken aus der Mobilfunkbranche sind nicht neu. So argumentiert etwa die Deutsche Telekom seit Jahren gegen den breiten Einsatz Mobilfunkantennen auf Strommasten. Die Energieversorger versuchen mit der von ihr in Auftrag gegebenen Untersuchung nun Druck aufzubauen. In der Studie wird gemutmaßt, dass hinter der ablehnenden Haltung eigentlich jene Unternehmen stehen, die für die Telefongesellschaften die Sendemasten bauen und nun womöglich ihr Geschäftsfeld bedroht sehen. Diese Funkturmgesellschaften sind wiederum teilweise mit den Mobilfunkkonzernen selbst verflochten. Im Fazit der Studie heißt es nun: Energieversorger, Mobilfunkgesellschaften und Vertreter von Kommunen und Bundesländern sollten sich schnell an einen Tisch setzen. Falls das nicht klappt, so die sinngemäße Drohung, müsste eben die Bundesnetzagentur eingeschaltet werden.