Auf den ersten Blick ist es ein Widerspruch: Auf der einen Seite meldeten die US-Behörden allein für den vergangenen März einen Einbruch der ausländischen Besucherzahlen um zehn Prozent im Vergleich zum Vorjahresmonat. Auf der anderen Seite berichtete die Lufthansa in dieser Woche von einem sehr erfolgreichen Nordamerika-Geschäft. Die Flugzeuge seien voll. Und auch die aktuelle Buchungssituation für das laufende zweite Quartal deutet auf weiteres Wachstum hin, so Konzernchef Carsten Spohr bei der Vorstellung der Quartalsbilanz (externer Link).
Wie optimistisch die Lufthansa für das Geschäft mit Transatlantikflügen ist, das zeigt auch die Flottenplanung: So setzt das Unternehmen seine größten Maschinen vom doppelstöckigen Typ Airbus A380 im laufenden Sommerflugplan vorwiegend auf Verbindungen in die USA ein. Erst vor wenigen Tagen startete erstmals einer der Superjumbos von München in Richtung Denver.
US-Passagiere gleichen den „Trump Slump“ aus
Die Nachfrage auf Strecken über den Nordatlantik ist also groß, obwohl weniger Menschen die USA besuchen und in der dortigen Touristikbranche für einen „Trump Slump“ sorgen – eine Delle, die Fachleute vor allem der als aggressiv wahrgenommenen Politik des US-Präsidenten zuschreiben. Bei genauerem Hinsehen wird deutlich, woran das liegt: An der steigenden Zahl von US-Touristen, die mit Lufthansa nach Europa fliegen.
Allein im März gab es hier bei der Lufthansa-Gruppe ein Plus von 25 Prozent. Das gleicht offenbar wegfallende Buchungen europäischer Kunden aus. Konzernchef Carsten Spohr sprach bei der Vorlage der Quartalszahlen von einer weiter steigenden Nachfrage im Verkaufsgebiet USA.
Viele reisefreudige Amerikaner beobachtet man auch in Bayern. Das Landwirtschaftsministerium, das im Freistaat auch für den Tourismus zuständig ist, spricht von den Vereinigten Staaten als dem „weltweit wichtigsten Quellmarkt für den Bayern-Tourismus“ (externer Link). Demnach wurden im vergangenen Jahr 1,1 Millionen Ankünfte von US-Bürgern gezählt.
US-Airlines: Teure Tickets besonders beliebt
Große amerikanische Fluggesellschaften bestätigen diese Entwicklung. So hieß es zuletzt bei United Airlines, die Zahl der Buchungen durch europäische Kunden sei zwar spürbar gesunken. Auf der anderen Seite aber gebe es ein deutliches Plus bei Tickets für US-Bürger, die nach Europa reisen wollen.
Das gelte vor allem für den vorderen Teil der Flieger – also dort, wo die teuren Plätze der First und Business-Class untergebracht sind. Die Nachfrage nach solchen sogenannten Premium Tickets habe zuletzt sogar noch einmal zugenommen. Eine erste Abkühlung sehen einige Fluggesellschaften wie Air France-KLM aber bereits in den günstigen Preiskategorien.
Lufthansa immer weniger auf Deutschland als Markt angewiesen
Grundsätzlich hat sich die Lufthansa in den vergangenen Jahren unabhängiger von ihrem Heimatmarkt gemacht. Nur noch rund ein Viertel der Tickets werden in Deutschland verkauft, Tendenz sinkend. So hat das Unternehmen mit Austrian, Swiss und Brussels Fluggesellschaften in Österreich, der Schweiz und Belgien zugekauft und dort eine starke Marktposition aufgebaut.
An der italienischen ITA ist der Frankfurter Konzern seit einigen Monaten direkt beteiligt, außerdem könnte die Lufthansa auch noch die portugiesische TAP übernehmen. Dazu kommen immer mehr Passagiere zum Beispiel aus Indien, die mit Maschinen des Lufthansa-Konzerns nach München oder Frankfurt reisen, um dort dann in ein Flugzeug zu einem Ziel in Europa oder auch Nordamerika umzusteigen.
Lufthansa verweigert Prognose für den Sommer
Ganz geheuer scheint die aktuell hohe Nachfrage aber auch dem Lufthansa-Management nicht zu sein. So wollte die Konzernspitze bei der Vorlage der Quartalszahlen keine konkrete Prognose für das kommende dritte Quartal und damit die sommerliche Hauptreisezeit abgeben. Das deutet darauf hin, dass man sich angesichts der laufenden Handelskonflikte erhebliche Sorgen um die Zukunft macht.