In Altenstadt ist jetzt die größte Recyclinganlage Deutschlands für die Zurückgewinnung von Phosphor aus Klärschlamm in Betrieb gegangen. 15.000 Tonnen Dünger soll die Anlage damit laut Betreiber künftig pro Jahr herstellen.
Insbesondere für Landwirte mit Großbetrieben kann dieser in einem speziellen Verfahren hergestellte Dünger gegenüber den bisher gängigen Düngemitteln auf dem Markt eine interessante Alternative sein. Denn sie brauchen für ihre Hochleistungs-Kulturpflanzen phosphorhaltige Mineraldünger. Der in der neuen Anlage gewonnene recycelte Phosphor soll zudem weniger bedenklich als der in der Natur abgebaute sein. Doch die Recyclinganlage ist nicht nur aus ökologischen Gründen sinnvoll.
Phosphor: kein knapper, aber ein kritischer Rohstoff
Der Weg raus aus der Phosphor-Krise – mit der neuen Aufbereitungsanlage könnte er gelingen. Der Grund der Krise ist allerdings nicht die Knappheit des Rohstoffs Phosphor, wie viele glauben. Laut aktuellen Schätzungen (externer Link) reichen die Phosphorvorräte aus der Natur noch für mehrere hundert Jahre. Ein Problem von Phosphor ist vielmehr die politische Instabilität in den wichtigsten Herkunftsländern. Diese Spannungen mit den Erzeugerländern führen immer wieder zu Preissprüngen und Versorgungsknappheit.
Einer aktuellen Studie (externer Link) zufolge stammen derzeit nach wie vor rund 25 Prozent der europäischen Phosphordünger-Exporte aus Russland. Ein anderer wesentlicher Teil der Importe stammt aus Marokko. Unter anderem wegen dieser Abhängigkeit stuft die EU Phosphor seit 2014 als kritischen Rohstoff ein.
Uran-Anteil als weiteres Problem
Ein weiteres Problem des aus der Natur stammenden Phosphors ist auch: Die primären Lagerstätten, wie Fachleute die Abbaugebiete nennen, hätten „eine große Ähnlichkeit zu Uranlagerstätten“, betont Roland Pomberger, Leiter des Lehrstuhls für Abfallverwertungstechnik und Abfallwirtschaft an der Montanuniversität Leoben in Österreich, im BR-Interview. Deshalb „haben wir da auch einen, wenn auch sehr kleinen, radioaktiven Anteil drinnen, und den verstreuen wir dann auf unsere Felder“.
Laut dem Bundesumweltamt (externer Link) landen so jährlich etwa 167 Tonnen Uran auf deutschen Feldern. In Bayern sind die Äcker mit bis zu 3,1 Milligramm Uran je Kilogramm Boden kontaminiert.
Ab 2029 Aufbereitung von Klärschlamm Pflicht
Mit der Neuordnung der Klärschlammverordnung hat der Gesetzgeber bereits im Jahr 2017 ein Instrument gegen die Abhängigkeiten von instabilen Staaten und gegen mögliche Gesundheitsgefahren durch kontaminierten Phosphor geschaffen.
Betreiber von Klär- und Klärschlammverbrennungsanlagen müssen nach dieser gesetzlichen Neuerung in Einzugsgebieten ab 100.000 Einwohnern bis zum Jahr 2029 und ab 50.000 Einwohnern ab dem Jahr 2031 die Rückgewinnung von Phosphor aus Klärschlamm sicherstellen, wenn er mehr als zwei Prozent Phosphor enthält. Das sei ohnehin immer der Fall, sagt Christoph Brey, Betriebsleiter der neuen Anlage, im BR-Interview. Im Klärschlamm seien bis zu 20 Prozent Phosphor enthalten.
Phosphor-Recycling in Altenstadt: Auch für Biolandwirte verwendbar
Die Inbetriebnahme der Phosphor-Recyclinganlage in Altenstadt ist daher nicht nur ein Schritt zu mehr Kreislaufwirtschaft und weniger Abhängigkeit von unsicheren Lieferländern. Es ist auch ein Schritt, die bald ohnehin geltenden gesetzlichen Vorgaben möglichst effizient und kostendeckend zu erfüllen.
Dass dies seiner Ansicht nach gelingt, darauf ist Betriebsleiter Christoph Brey besonders stolz. So werden die im Klärschlamm vorhandenen Schadstoffe, wie beispielsweise Medikamentenreste oder Schwermetalle, durch das dortige Verfahren, bei dem in der Verbrennungsanlage Temperaturen von über 900 Grad Celsius herrschen, „abgezogen“. Der daraus entstehende Dünger sei so unbedenklich rein, dass er sogar für Biolandwirte interessant sei, betont Brey.
Ein weiterer Vorteil des Verfahrens: 98 Prozent des im Klärschlamm enthaltenen Phosphors kann bei dieser Recycling-Methode erhalten bleiben. Auch die Düngewirkung liegt durch das angewendete Verfahren laut Brey bei „nahezu hundert Prozent“. „Die Situation ist so, dass wir im Verhältnis zu anderen Phosphor-Recycling-Methoden diejenige sind, die am effizientesten ist“, sagt Brey. Auch preislich sei der in der Anlage hergestellte Dünger mit allen anderen konkurrenzfähig – auch denjenigen, die nicht aus recycelten Stoffen hergestellt werden.