Soziale Medien können viele positive Effekte haben, wie Vernetzung, die Pflege sozialer Kontakte, und viele erfahren Wertschätzung durch positives Feedback. Die Kehrseite: Es kann zu Mobbing oder Suchverhalten kommen, was Erkrankungen wie Depressionen oder Essstörungen mit sich ziehen kann – gerade bei jungen Nutzerinnen und Nutzern. Politisch kocht die Diskussion um eine Altersgrenze für Social Media Plattformen auf – aber könnte diese mehr Sicherheit mit sich bringen?
Streeck: Strenge Altersgrenze für Social-Media-Plattformen
Hendrik Streeck (CDU), Sucht- und Drogenbeauftragter der Bundesregierung, fordert „strikt abgestufte Altersvorgaben für soziale Medien“, damit der hohe Medienkonsum von Kindern und Jugendlichen begrenzt werden könne. „Es ist wissenschaftlich nachgewiesen, dass Kinder und Jugendliche, die in hohem Maße nicht altersgerechte Inhalte konsumieren, anfälliger für riskantes Suchtverhalten und problematischen Drogenkonsum werden“, sagt Streeck der Rheinischen Post und warnt von einer „Verhaltenssucht“ bei Kindern. „Wir sprechen im Schnitt von vier Stunden in sozialen Netzwerken, zwei Stunden mit Computerspielen und zwei Stunden mit Streamingdiensten pro Tag“, so Streeck. „Das sind bedenklich hohe Werte, gemessen an der Freizeit von Kindern und wie diese idealerweise für soziale, motorische und sensorische Fähigkeiten genutzt werden könnten.“
Leopoldina: Keine Social-Media-Accounts unter 13 Jahren
Wer TikTok nutzt, muss nach den Nutzungsbedingungen mindestens 13 Jahre alt sein – sonst braucht es die Einverständniserklärung der Eltern. Das Problem: Richtig kontrolliert wird das nicht. Die Nationale Akademie der Wissenschaften Leopoldina verdeutlicht die Problematik in einem aktuellen Diskussionspapier (externer Link), das sich mit der Social-Media-Nutzung und psychischen Gesundheit von Kindern und Jugendlichen auseinandersetzt. Demnach nutzen rund 46 Prozent der 10- bis 11-Jährigen in Deutschland mindestens einmal die Woche TikTok. Knapp fünf Prozent der Kinder und Jugendlichen würden in Deutschland im Umgang mit Social Media ein riskantes Suchtverhalten zeigen – über 20 Prozent eine Vorstufe davon.
Mehr Regeln und Orientierungshilfen gefragt
Silvia Schneider, Professorin für klinische Kinder und Jugendpsychologie an der Ruhr-Universität in Bochum, hat an dem Diskussions-Papier der Leopoldina mitgearbeitet. Aus ihrer Sicht braucht es mehr Regeln – und Orientierungshilfen für Eltern und Kinder: „Schützen heißt, dass wir bestimmte Nutzungseinschränkungen empfehlen, wie zum Beispiel keine Social-Media-Accounts für Kinder unter 13 Jahren, weil sie damit überfordert sind.“ Im Alter zwischen 13 und 15 Jahren sei eine angemessene elterliche Begleitung sinnvoll. Man müsse aber laut Schneider auch an die Plattformbetreiber herantreten, um für die 13 bis 17-Jährigen eine altersgerechte Gestaltung der sozialen Medien vorzunehmen, was regulatorisch gesetzlich geregelt werden müsse. „Wir brauchen natürlich auch gezielte Förderung im Umgang mit sozialen Medien oder generell mit den ganzen neuen KI- getriebenen Technologien, die dann im Bildungsbereich gelehrt werden müssen“, ergänzt sie. Wichtig seien auch gezielte Aufklärungskampagnen und mehr Forschung.
Bayerischer Jugendring für mehr Medienkompetenz
Gabriele Weitzmann, Geschäftsführerin des Bayerischen Jugendrings, findet es schwierig, eine klare Altersgrenze zu ziehen. Gesetzliche Regelungen könnten aus ihrer Sicht helfen, viel wichtiger sei aber Präventionsarbeit und Medienkompetenz: „Ich glaube, dass eine reine starre Altersgrenze hier nicht weiterbringt, sondern dass es viele flankierende Angebote geben muss, um Social-Media-Nutzung zu erlernen, zu verstehen und was Desinformation ist.“ Sie befürchtet, dass die Umsetzung von Gesetzen bei internationalen Firmen schwierig sei und deshalb mehr auf Prävention gesetzt werden müsse. Dennoch könne eine Mischung aus Gesetz, Unterstützung und Beratungsangebot helfen, jungen Menschen und Eltern mehr Sicherheit und Orientierung zu geben, so Weitzmann.
Mit Informationen von dpa