Namen sind offenbar doch nicht Schall und Rauch. Jedenfalls nicht, wenn es um Ausbildungsplätze geht. Das belegt eine jetzt veröffentlichte Studie (externer Link) der Universität Siegen. Denn Bewerber mit ausländisch klingendem Namen werden demnach deutlich seltener zu einem Bewerbungsgespräch eingeladen als ihre Mitstreiter mit vermeintlich deutschem Namen. Ein Risiko, kritisieren Wissenschaftler und Wirtschaftsvertreter.
Der Feldversuch: 50.000 E-Mails von fiktiven Bewerbern
Für ihre Feldstudie verschickten Ekkehardt Köhler, Professor für Wirtschaft und Didaktik und Autor der Studie, und sein Team 50.000 E-Mail-Anfragen an Betriebe, die einen Ausbildungsplatz über die Bundesagentur für Arbeit ausgeschrieben hatten. Diese Mails stammten von fiktiven Schülerinnen und Schülern kurz vor dem Abschluss. Sie fragten nach Bewerbungsdetails zur ausgeschriebenen Stelle und fügten ihrer Bewerbung erfundene Lebensläufe mit Zeugnisnoten und Zertifikaten bei.
Schwierige Ausbildungsplatzsuche – Name entscheidet über Bewerbung
„Bewerber, die einen ausländische klingenden Namen haben und sehr gute Abschlüsse, kommen nicht auf die gleiche Antwortrate wie die deutschsprachigen Bewerber mit nur durchschnittlichen Leistungen“, so das Fazit von Köhler. Sie konnten ebenfalls ein Ranking erstellen: Ein „Lukas Becker“ erhielt auf 100 Anfragen durchschnittlich 67 Antworten. „Ivan Smirnov“ 56, „Ariel Rubinstein“ 54, „Yusuf Kaya“ 52. Schlusslicht war der arabische Name „Habiba Mahmoud“ mit nur 36 Antworten – bei besten Zeugnissen.
Das bestätigt, was die Forschung in den letzten Jahren vor allem für die USA und Europa nachgewiesen hat: Namen spielen bei der Jobvergabe eine wesentliche Rolle. Bei bisherigen Studien ging es allerdings um Erwachsene, die sich bewerben, nicht – wie in der jetzt veröffentlichten Studie – um Schüler und den Eintritt in den Arbeitsmarkt.
Bewerber mit fremd wirkender Herkunft – die Ängste der Arbeitgeber
Abgewiesene Bewerber trotz bester Qualifikation bei herrschendem Fachkräftemangel – das scheint absurd. Gefragt nach den Gründen für die Ablehnung vermeintlich nicht-deutscher Bewerber, gaben die meisten Unternehmen an – und zwar egal, ob auf dem Land, in der Stadt, im Osten oder Westen: Sprachbarrieren, kulturelle Distanz oder fehlende Aufenthaltsgenehmigungen zu fürchten. Aber auch Mehraufwand im Umgang mit Behörden.
Mehr Aufklärung und Unterstützung der Firmen könnte dabei helfen, diese Vorurteile abzubauen, vermutet Florian Kaiser von der IHK für München und Oberbayern. Denn in Zukunft ist eine funktionierende Arbeitswelt in Deutschland ohne Menschen mit Migrationshintergrund wohl nicht mehr möglich.
Experte der IHK betont: Studienergebnisse nicht pauschalisieren
Florian Kaiser, Leiter der Abteilung für berufliche Ausbildung, will aus den Studienergebnissen der Uni Siegen aber keine „Pauschalität ziehen“. „Wir wissen ja alle, dass Unternehmen im Moment alle Hände voll zu tun haben, ihre Ausbildungsplätze überhaupt oder adäquat zu besetzten, das ist ein Riesenthema“, sagt er im Interview mit dem Bayerischen Rundfunk.
Schon im vergangenen Jahr hat die IHK Bayern 8.000 ihrer rund 48.000 neue Ausbildungsverträge an Bewerberinnen und Bewerber mit ausländischem Pass vergeben. „Wenn wir einen Blick auf die nackten Zahlen werfen, dann ist es so, dass der Anteil der Jugendlichen mit nicht deutschem Pass seit Jahren kontinuierlich steigt“, so Florian Kaiser von der IHK für München und Oberbayern.
Der Ökonom Ekkehardt Köhler von der Uni Siegen sieht das ähnlich. „Wir können es uns nicht leisten, aufgrund von Vorlieben zu diskriminieren. Da lassen wir dann Potenziale auf der Straße liegen und das ist volkswirtschaftlich fatal.“