Garching, nördlich von München. Hier ist der Hauptsitz der ESO, der Europäischen Südsternwarte. 16 europäische Nationen arbeiten gemeinsam mit Chile daran, das Universum zu erkunden. Die Astrophysikerin Suzanna Randall gibt eine kurze Führung: „Das ist wahrscheinlich der interessanteste Raum in diesem ganzen Gebäude. Hier ist ein Entwurf für eines der Segmente des ELT, das größte Teleskop der Welt, das wir gerade bauen in Chile. Und die einzelnen Segmente werden auch hier teilweise gefertigt.“
Bayerische Astrophysikerin Randall über Einblicke ins All
Neben dem ELT gibt es bereits das ALMA-Teleskop in der Atacama-Wüste in Chile. Suzanna Randall erklärt eindrucksvoll die Bedeutung: „Wir sehen mit ALMA vor allem Gas und Staub. Und das hört sich erstmal ein bisschen langweilig an, ist aber total wichtig, weil aus diesem kalten Gas und Staub Sterne entstehen, auch Planeten, und wir bis an den Anfang unseres Universums schauen können. Also das heißt, ALMA ermöglicht es uns, zu sehen, woher wir als Menschheit, als Bevölkerung der Erde, ursprünglich kommen.“
Die Arbeit mit ALMA hat bereits bedeutende Ergebnisse hervorgebracht, darunter die ersten Bilder von schwarzen Löchern.
Astronautinnen? Weibliche Vorbilder fehlen
Trotz dieser beeindruckenden wissenschaftlichen Fortschritte gibt es noch ein anderes Thema, das Randall, die 1979 in Köln geboren wurde, am Herzen liegt: die Gleichstellung der Geschlechter in der Raumfahrt. Weltweit liegt der Frauenanteil bei Raumfahrern bei gerade mal zehn Prozent.
Susanna Randall sieht Astronauten als „Popstars der Wissenschaften“, die eine große Sichtbarkeit haben und insbesondere auch Kinder und Jugendliche faszinieren. „Die weiblichen Rollenbilder fehlen uns in diesem Bereich gerade in Deutschland leider immer noch. Und man merkt das schon, also wenn ich mit Kindern gerade so im Grundschulalter spreche, dann bekomme ich oft zu hören, aber Astronauten, das können doch nur Männer.“ Gemeinsam mit ihrer Kollegin Insa Thiele-Eich hat Randall deshalb bereits zwei Kinderbücher veröffentlicht, die vom Weltraum-Training der beiden Frauen berichten.
Im April 2025 ist die erste deutsche Frau in den Weltraum gestartet – nach bisher zwölf männlichen Astronauten aus Deutschland: Rabea Rogge hat keine klassische Ausbildung bei der europäischen Weltraumorganisation ESA durchlaufen, sondern war als Privatperson an Bord einer SpaceX-Rakete, finanziert hat die Mission der Milliardär Chung Wang.
Astronautinnen-Initiative von Luftfahrtingenieurin aus Bayern
Randall selbst hat sich 2008 als Astronautin bei der europäischen Weltraumorganisation ESA beworben, jedoch ohne Erfolg. Um mehr Frauen in die Raumfahrt zu bringen, wurde 2017 die Initiative „Die Astronautin“ ins Leben gerufen, von Claudia Kessler, einer Ingenieurin für Luft- und Raumfahrttechnik aus Mühldorf am Inn. Ziel des Programms war es, mithilfe von privaten Investoren die erste deutsche Frau zur Internationalen Raumstation (ISS) schicken. Aus etwa 400 Bewerberinnen wurden zwei ausgewählt – eine davon ist Suzanna Randall.
Mit in der Jury saß Ex-Astronaut Ulrich Walter: „Ob sie Männer oder Frauen nehmen, macht keinen Unterschied, fachlich nicht, körperlich nicht. Im Gegenteil, es gibt die Erfahrung bei der NASA, dass Frauen in Stresssituationen, in ungewohnten Situationen eigentlich die besseren Nerven haben, die nehmen Dinge gelassener hin. Ja, aber das hilft alles nichts, weil sie nicht ausgewählt werden.“
Frauen im All wichtig für weibliche Medizin
Randall betont die Bedeutung einer gewissen Geschlechtergerechtigkeit im Weltraum, besonders auch im Hinblick auf die Gesundheit von Frauen. Es ginge hier nicht nur um die allgemeine Signalwirkung. Im Weltraum, gerade auf der ISS, werde auch sehr viel am menschlichen Körper geforscht, zum Thema Gesundheit. „Es kristallisiert sich immer mehr heraus, dass Frauen andere Bedürfnisse haben, was Medikamente angeht. Und sie haben andere Veranlagungen für Krankheiten.“ Sind zu wenig Probandinnen an Bord, kämen neu gewonnene Erkenntnisse viel mehr den Männern zugute als den Frauen.
50 Millionen Euro für Flug zur ISS
Die Grundausbildung zur Astronautin hat Randall bereits abgeschlossen, jedoch fehlt noch immer die Finanzierung für den Flug zur ISS, der etwa 50 Millionen Euro kostet. Trotz der Herausforderungen bleibt Randall hoffnungsvoll: „Also, ich glaube, es tut sich schon was, aber eben sehr, sehr, sehr langsam.“