Patientinnen und Patienten mit Schmerzen an Knie oder Hüfte sollten sich aus Sicht der Krankenkassen weniger auf Selbstzahler-Leistungen beim Arzt einlassen. Spritzen gegen Knie- oder Hüftgelenksarthrose verursachen mehr Schäden, als dass sie nutzen, wie der Medizinische Dienst Bund bei der Präsentation seines neuen IGeL-Monitors (externer Link) mitteilte. Hierzu zählen Gelenkentzündungen oder Herzbeschwerden. Die Schmerzreduktion sei hingegen so minimal, „dass sie klinisch nicht von Bedeutung ist“.
Spritzen bei Knie- und Hüftgelenksarthrose
Bei den Knie- und Hüftspritzen geht es um Injektionen mit Hyaluronsäure, die fehlende Gelenkflüssigkeit ausgleichen soll. Diese Spritzen kosten pro Behandlungszyklus zwischen etwa 220 und 300 Euro. Je nach verwendetem Präparat können aber auch 500 Euro und mehr fällig werden. Dabei überwiegen bei diesen Spritzen mögliche Schäden den Nutzen laut Medizinischem Dienst deutlich.
Das wissenschaftliche Team des Igel-Monitors wertete nach eigenen Angaben 25 „methodisch überzeugende“ Studien mit insgesamt 9.423 Patientinnen und Patienten zur Behandlung von Kniegelenksarthrose mit Hyaluron aus. Zum Thema Hüftarthrose wurden fünf Studien mit insgesamt 591 Patientinnen und Patienten einbezogen.
Stoßwellen bei Schulterschmerzen
Auch Kalkschulter und Tennisarm treiben viele Patientinnen und Patienten in die Praxis. Die Sehnenerkrankungen beeinträchtigen Betroffene durch Schmerzen und verringerte Bewegungsfähigkeit. Hier wird ihnen oft Stoßwellentherapie angeboten, auch dies eine Selbstzahler-Leistung. Bringt Stoßwellentherapie etwas? „Unklar“, lautete das Urteil.
Bilanz ernüchternd
Der IGeL-Monitor nimmt seit 2012 die verschiedenen angebotenen Therapien unter die Lupe. Nun zogen die Expertinnen und Experten ein ernüchterndes Fazit. Von 60 geprüften IGeL wurden 31 Leistungen negativ bewertet. Bei 26 ist das Ergebnis mangels ausreichender Studien unklar.
Patienten oft nicht ausreichend aufgeklärt
Dass IGeL trotz der ernüchternden Schaden-Nutzen-Bilanz oft durchgeführt würden, liege an mangelhafter Information der Patienten in vielen Praxen, sagte der Vorsitzende des Medizinischen Dienstes Bund, Stefan Gronemeyer. Zwei Neuregelungen werden nun gefordert: „Die Praxen sollten verpflichtet werden, unabhängig erstellte wissenschaftsbasierte Bewertungen und Informationen regelhaft anzubieten“, verlangte Gronemeyer. „Darüber hinaus sollten IGeL nicht an dem Tag erbracht werden dürfen, an dem sie angeboten werden.“ Die Betroffenen sollten Bedenkzeit haben.
IGeL steht für individuelle Gesundheitsleistungen in ärztlichen Praxen. Jedes Jahr geben gesetzlich Versicherte laut dem Medizinischen Dienst der Krankenkassen mindestens 2,4 Milliarden Euro dafür aus. Die Orthopädie gehört mit 397 Millionen Euro zu den drei umsatzstärksten Fachgebieten im IGeL-Markt, neben Augenheilkunde mit 544 Millionen und Gynäkologie mit 543 Millionen Euro.
Mit Informationen von dpa und AFP