Koffein, das heißt nicht nur Kaffee, sondern auch Energydrinks, Cola oder Tee: Wer diese Getränke vor dem Schlafengehen zu sich nimmt, dessen Gehirn erholt sich schlechter als ohne abendlichen Koffeingenuss. Das heißt: Auch wenn wir denken, wir schlafen tief und fest – unser Gehirn tut das offenbar nicht. Zu diesem Ergebnis kamen jetzt Forscher um Philipp Thölke von der Universität Montreal, Kanada.
Ihre Arbeit, die jetzt im Fachmagazin „nature“ [externer Link] erschien, zeigt, dass bei jungen Erwachsenen dieser Effekt sogar noch stärker ist als bei Erwachsenen mittleren Alters. Der späte Koffeingenuss könnte sich nach Ansicht der Forscherinnen und Forscher negativ auf die Gedächtnisleistung und die emotionale Stabilität auswirken.
Wirkung von Koffein: Untersuchung von 40 Erwachsenen
Um zu untersuchen, wie Koffein das schlafende Gehirn beeinflusst, zeichnete das Team um Thölke in zwei Nächten die Hirnaktivität von 40 freiwilligen Probanden mittels sogenanntem Elektroenzephalogramms (kurz: EEG) auf. In der ersten Nacht mussten die Studienteilnehmer erst drei Stunden und dann noch eine Stunde vor dem Schlafengehen Koffeinkapseln mit jeweils 100 Milligramm Koffein – eine Menge, die in etwa einer Tasse Kaffee entspricht – einnehmen. In der zweiten Nacht erhielten die Probanden ein Placebo, also ein Präparat ohne Wirkstoffe.
Schlaf für Gehirn bei spätem Koffeingenuss weniger erholsam
Das Forscher-Team konnte anhand der Auswertung der EEGs feststellen, dass das Gehirn derjenigen Probanden, die Koffeinkapseln eingenommen hatten, selbst während des Tiefschlafs, der sogenannten Non-REM-Phase, in einem aktiveren, weniger erholsamen Zustand blieb als das Gehirn derjenigen Probanden, die nur ein Placebo eingenommen hatten.
„In diesem Tiefschlaf sehen wir, dass zum Beispiel die restaurativen Prozesse im Gehirn, die für das Gedächtnis benötigt werden, für emotionale Stabilität, nicht so stark ausgeprägt waren, wie es im nicht beeinflussten Schlaf passieren würde“, bestätigt auch der Neurowissenschaftler Philipp Thölke im BR-Interview das Ergebnis der Studie.
Wachhalte-Effekt des Koffeins bei jungen Erwachsenen stärker
Die Forscherinnen und Forscher konnten außerdem feststellen, dass in der REM-Schlafphase, also der Traumphase, junge Erwachsene im Alter zwischen 20 und 27 Jahren stärker auf das Koffein reagierten als Menschen mittleren Alters zwischen 41 und 58 Jahren.
Als Ursache dafür vermuten die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler die Adenosin-Rezeptoren. Koffein blockiert diese Rezeptoren des an sich für Müdigkeit sorgenden Botenstoffs. Diese Blockade sorgt für Wachheit. Da die Dichte der Rezeptoren im Alter aber abnimmt, ist dieser Wachhalte-Effekt des Koffeins bei älteren Menschen wohl nicht mehr so stark ausgeprägt wie bei jungen, schlussfolgern die Forscherinnen und Forscher.
Auswirkungen des Koffeins auf das Gehirn – noch Fragen offen
Weitere Studien sollen nach dem Willen des Teams um Thölke nun zeigen, wie sich der Koffeingenuss genau auf die Leistungsfähigkeit unseres Gehirns auswirkt. So könnte in weiteren Untersuchungen zum Beispiel gemessen werden, wie sehr sich das Gedächtnis nach dem Koffeingenuss vor dem Schlafengehen erholt hat, wie gut die Lernfähigkeit am nächsten Morgen ist oder wie die emotionale Stabilität aussieht. „Das sind alles Fragen, die die aktuelle Studie noch nicht betrachtet hat“, sagt der Neurowissenschaftler gegenüber dem BR.