Wenige hochqualifizierte Fachkräfte
Judith Schüler gehört zu den Grundschullehrerinnen, die Musik als Unterrichtsfach studiert haben. Damit ist sie allerdings eher die Ausnahme. Denn man braucht viele Vorkenntnisse, muss mindestens ein Instrument auf einem guten Niveau spielen können und eine Eignungsprüfung bestehen. Für die junge Lehrerin war das kein Problem. „Ich komme aus einem sehr musikalisch geprägten Umfeld“, erzählt sie. „Es war immer klar, dass ich das als Unterrichtsfach studieren möchte. Ich finde Musik eine solche Bereicherung und wollte die Freude daran unbedingt weitergeben.“
Basisqualifikation im Studium
Heute profitieren die Kinder der Leopold-Mozart-Grundschule von dem qualifizierten Musikunterricht, den Judith Schüler anbietet. Das ist allerdings längst nicht an allen Grundschulen in Bayern so. In Bayern reicht es nämlich völlig aus, die sogenannte Basisqualifikation für Musik im Studium zu absolvieren, um das Fach später unterrichten zu dürfen. Dafür muss man ein paar Lieder singen und didaktisch erarbeiten können. Das Spielen eines Instruments ist nicht erforderlich.
Für das Bayerische Kultusministerium sind damit die Zulassungsvoraussetzungen erfüllt, um das Fach Musik zu unterrichten. Es handle sich auch nicht um „fachfremden Einsatz“, heißt es in einer schriftlichen Stellungnahme. Zugleich verspricht das Kultusministerium, die Fortbildungsmaßnahmen auszuweiten, um die Qualität des Musikunterrichts künftig zu verbessern.
Expertisierung von Lehrkräften nötig
Für alle Grundschullehrkräfte, die ihre musikalischen Fähigkeiten vertiefen möchten, gibt es berufsbegleitende Fort- und Weiterbildungen – zum Beispiel an der Universität Augsburg. Bernhard Hofmann ist dort Professor für Musikpädagogik.
Einen qualitativ hochwertiger Musikunterricht an den Grundschulen ist ihm ein Herzensanliegen – auch in Hinblick darauf, künftig neue Musiklehrkräfte zu gewinnen: „Wenn wir keinen qualitativ hochwertigen Unterricht an Schulen haben, dann setzt das einen Regelkreis in Gang. Wenn ich nicht als Schülerin oder als Schüler gelernt und erfahren habe, was Musik in Gruppen und an Schulen bedeuten kann und was mir das für mein Leben mitgeben kann, dann werde ich vielleicht auch nicht den Wunsch verspüren, das weiterzugeben. Ich glaube, dass mit der Expertisierung von Lehrkräften und der Verbesserung von Lehrkräfte-Ausbildung die beste Möglichkeit geschaffen ist, um Kindern qualitativ hochwertigen Unterricht zu bieten und das Problem auch des Nachwuchses zu beheben.“
PISA-Offensive verschärft das Problem
Im Zuge der PISA-Offensive wurde eine neue Stundentafel erstellt, die den Grundschulen mehr Spielraum in der Einteilung der musischen Fächer lässt. Wie das Kultusministerium betont, beinhalte diese Flexibilisierung der Stundentafel keine Kürzung der musisch-kreativen Fächer. De facto bedeutet es aber, dass jede Schule den bisher zwei Stunden umfassenden Musikunterricht in den Klassen 3 und 4 auf eine Stunde kürzen darf.
Bernhard Hofmann, der auch Sprecher der Deutschen Gesellschaft für Schulmusik ist, bereitet diese Bildungspolitik Sorge. Daran ändert auch die Tatsache nichts, dass das Kultusministerium erst neulich 144 Schulen in Bayern mit dem Zertifikat „Musikbegeisterte Grundschule“ ausgezeichnet hat: „Wenn auf der einen Seite 144 Schulen ausgezeichnet werden und dann auf der anderen Seite zu erwarten steht, dass der Musikunterricht in Klasse 3 und 4 um etwa 50 Prozent gestrichen wird – und das sind die ersten Zahlen die mir vorliegen – dann stimmt die Balance nicht“, so Hofmann. Zudem sei nicht klar, dass durch die PISA-Offensive in Zukunft bessere Ergebnisse bei der PISA-Studie erzielt würden: „Wenn das nicht funktioniert, dann haben wir nicht nur mit Zitronen gehandelt, sondern auch noch Kulturkahlschlag betrieben.“ Das würde er als Politiker nicht verantworten wollen.