In Bayern ist mehr als jeder zehnte Todesfall aufs Rauchen zurückzuführen, das ist dem Tabakatlas des Deutschen Krebsforschungszentrums (externer Link) zu entnehmen. Bei Männern lag der Anteil aller Todesfälle in Bayern 2023 bei gut 15 Prozent und war damit bundesweit hinter Baden-Württemberg am niedrigsten. Bei den Frauen liegt Bayern mit knapp zehn Prozent im Mittelfeld und ist damit fast gleichauf mit dem bundesweiten Schnitt.
Neue Angebote der Krankenkassen sollen den Rauchstopp erleichtern. Ärztinnen und Ärzte warnen zugleich vor E-Zigaretten: Vor allem für junge Menschen bergen sie das Risiko, den Einstieg in die Nikotinsucht zu ebnen.
Verhältnismäßig steigende Todesfälle bei den Frauen
Während die Zahl der Todesfälle bei den Männern langsam zurückgeht, ist bei Frauen der gegenteilige Trend zu beobachten. Fachleute warnen, dass die Tabakindustrie gezielt mit neuen Produkten wie E-Zigaretten oder Nikotinbeuteln versuche, jüngere Zielgruppen zu erreichen. „Die Zahlen sind etwas niedriger als vor 15 Jahren, aber sie stagnieren. Das erfüllt mich mit Sorge“, sagt Tobias Rüther, Psychotherapeut und Leiter der Tabakambulanz an der LMU-München. Rüther gibt auch Rauchstopp-Kurse.
Im Durchschnitt braucht es sechs Aufhör-Versuche
Rüther betont, dass Motivation wichtiger sei als Druck. Wer aufhören will, sollte sein Umfeld einbeziehen und sich Unterstützung holen. Viele Patientinnen und Patienten scheiterten aber an ihrer Sucht. Deshalb sei es entscheidend, dass etwa Angehörige loben statt zu strafen, sagt Psychotherapeut Rüther.
„Mit dem Rauchen aufzuhören ist eine Lebensumstellung“, sagt er im Interview mit BR24. Rückfälle seien dabei normal, entscheidend sei, nicht aufzugeben. Der durchschnittliche Raucher brauche demnach sechs Aufhör-Versuche, um vollständig abstinent zu werden.
Belohnungszentrum sekundenschnell aktiviert
Warum der Nikotinkonsum weiter hoch ist, wird immer wieder diskutiert. Die Gründe dafür sind vielfältig: Stress, Umgebung, das Wohnen in sozioökonomisch benachteiligten Regionen. Wird das Nikotin inhaliert, wird in wenigen Sekunden das Belohnungszentrum des Gehirns aktiviert und sorgt für ein wohliges Gefühl. Das Risiko davon körperlich und psychisch abhängig zu werden, ist demnach extrem hoch.
Medikamente jetzt auf Kassenkosten
Seit Ende August übernehmen die Krankenkassen die Kosten für Medikamente zur Tabakentwöhnung – etwa Nikotinpflaster, in Kombination mit speziellen Kursen. Alle drei Jahre kann man nach entsprechender Diagnose beim Arzt ein Rezept bekommen. „Diese Medikamente verdoppeln die Erfolgschance“, sagt Rüther. Damit habe man wirksame Hilfen beim Rauchstopp.
Ärztin warnt vor E-Zigaretten
Amanda Tufman, Lungenfachärztin von der LMU München, warnt jedoch vor den Folgen neuer Konsumformen – wie eben E-Zigaretten. Diese seien auch aus medizinischer Sicht eine neue Herausforderung. „Ich gehe davon aus, dass die E-Zigarette die Muster von Lungenkrebs verändern wird“, sagt Tufman. Noch sei nicht klar, welche Risiken genau entstünden, aber sicher sei: „Nikotin ist eine der stärksten Suchtdrogen.“
Besonders wichtig sei daher, Jugendliche gar nicht erst in die Abhängigkeit rutschen zu lassen. Tufman betont, dass E-Zigaretten mit verschiedenen Farben und Geschmacksrichtungen sehr verlockend und harmlos auf junge Menschen wirken könnten. Für die Prävention sei es vor allem wichtig, zu verhindern, dass sich Menschen im jungen Alter an Tabakkonsum gewöhnten.
Politik setzt auf Prävention
Bayerns Gesundheitsministerin Judith Gerlach betont, „Rauchen gehört nach wie vor zu den größten Gesundheitsrisiken. Wer jetzt aufhört, kann mehr Lebensjahre gewinnen“. Jährlich sterben in Bayern rund 16.000 Menschen vorzeitig durch Tabakkonsum, mehr als 80 Prozent der Lungenkrebsfälle sind darauf zurückzuführen.
Prävention und Aufklärung stehen im Fokus, etwa durch Schulprojekte – Entwöhnungsangebote wie Online-Programme, Beratung oder Nikotinersatztherapien unterstützen beim Rauchstopp. Hinsichtlich der E-Zigaretten, überlegt sich Gerlach: „Wir denken darüber nach, E-Zigaretten und andere Verdampfungsprodukte mit dem klassischen Tabakkonsum gleichzusetzen – das hätte eine ganz andere Symbolkraft für den Gesundheitsschutz, insbesondere für Kinder und Jugendliche.“