Kann man die Nutzung von sozialen Medien bei Kindern und Jugendlichen verbieten und wenn ja, bis zu welchem Alter? Verfechter einer Altersbegrenzung sehen darin eine Möglichkeit, um etwa psychische Störungen bei Minderjährigen vorzubeugen. Kritiker lehnen die Idee jedoch meist mit Verweis auf die fehlende Umsetzbarkeit ab. Und auch in der Union herrscht Uneinigkeit.
Bildungsministerin Prien warnt vor gesundheitlichen Schäden bei übermäßiger Social-Media-Aktivität
Als eine der prominentesten Befürworterinnen ist zuletzt Bundesbildungsminister Karin Prien aufgetreten. Die CDU-Politikerin begründet ihre Haltung mit dem Suchtpotenzial, das von der Nutzung von Handys und sozialen Netzwerken ausgehe. „Ich glaube, wir müssen uns bewusst machen, dass wir über massive gesundheitliche psychische Störungen und Gefahren für Kinder und Jugendliche sprechen“, sagte sie im Deutschlandfunk.
Laut Prien gibt es hier durchaus Parallelen zum Alkohol. Auch vor dessen Konsum würden Kinder und Jugendliche wegen der damit verbundenen gesundheitlichen Schäden gesetzlich geschützt. „Wenn es nicht gelingt, Kinder, vor allem kleinere, jüngere Kinder, ohne übermäßige Bildschirmnutzung aufwachsen zu lassen, dann hat die Gesellschaft insgesamt versagt und die Kinder im Stich gelassen.“
Altersgerechte Regelung für Schule und Zuhause gefordert
„Es geht um die Gesundheit der Kinder, um die Konzentrationsfähigkeit, ihre Kommunikationsfähigkeit, um ihr Sozialverhalten, aber auch ihre Leistungsfähigkeit“, so die Bildungsministerin. Prien verwies dabei auf einen differenzierten Blick: Die Lage bei einem vier-, fünf- oder achtjährigen Kind sei anders zu beurteilen als bei einem 13- oder 14-Jährigen. Es brauche altersgerechte Regelungen an Schulen, aber auch zu Hause. Eine Möglichkeit könne da eine gesetzlich verankerte Altersverifikation sein.
Union und SPD hatten im Koalitionsvertrag vereinbart, den Kinder- und Jugendschutz in der digitalen Welt zu stärken. Zuletzt hatte sich etwa Bundesjustizministerin Stefanie Hubig (SPD) für eine Altersgrenze für soziale Medien ausgesprochen. Auch Schleswig-Holsteins Ministerpräsident Daniel Günther (CDU) hatte ein Verbot sozialer Medien für unter 16-Jährige gefordert.
„Altmodisch und aus der Zeit“: CSU-Chef Söder weist Vorstoß zurück
„Totalen Quatsch“ und „realitätsfremd“ nennt CSU-Chef Markus Söder das Vorhaben. Der bayerische Ministerpräsident ist ganz klar im Team Contra-Altersbegrenzung. Ein Verbot mache Tiktok, Instagram und Co. eher noch interessanter für Jugendliche und Kinder, sagte er dem ARD-Hauptstadtstudio. Die Forderung halte er für „ein bisschen altbacken, altmodisch und aus der Zeit“.
Auch wenn sich Prien für eine Altersgrenze bei der Nutzung sozialer Medien ausgesprochen habe, könne es falsch sein, betont Söder. „Die Meinung von Bayern und mir ist da sehr klar – wir würden dem auch nicht zustimmen“, ergänzt er. Söder hält Medienkompetenz und elterliche Verantwortung für den richtigen Weg für den Umgang mit den Plattformen. In Deutschland liegt Bildung in der Kompetenz der Länder. Bundeseinheitliche Regeln können daher nicht einfach beschlossen werden.
BLLV-Präsidentin hält Altersgrenze für unrealistisch
Söder ist damit auf derselben Linie wie der Bayerische Lehrer- und Lehrerinnenverband (BLLV). Dessen Präsidentin Simone Fleischmann zeigte sich gegenüber einer Altersgrenze für die Nutzung von Social Media ebenfalls skeptisch. „Ich sehe es als völlig unrealistisch an und ich glaube nicht, dass wir die Welt von heute und von morgen durch Verbote fernhalten“, sagte sie dem BR.
Ebenso schwierig sei die Vorstellung, dass die Schulen über Gefahren im Netz aufklären sollen. Vielmehr sei hier der Schulterschluss mit der „außerschulischen Lernumgebung“, mit den Eltern, mit Experten notwendig. Diese große Aufgabe ließe sich nur gemeinschaftlich lösen. „Alleine schafft die Schule es nicht.“
Fleischmann: Vor allem Eltern sind in der Pflicht
Für Fleischmann haben insbesondere die Eltern der Jungen und Mädchen eine Vorbildfunktion. „Drei Endgeräte bei zwei Personen am Tisch und eine Live-Kommunikation, die eigentlich nicht mehr sein kann, ohne dass eine Hand mit einem Endgerät belegt ist, das macht mir echt Sorgen und da würde ich mich freuen, wenn wir uns alle ein bisschen zusammenreißen könnten“, appelliert sie.