Elektrode direkt in den Nervenkanal
Jennifer Eser wendet sich an die Augsburger Uniklinik und bekommt schnell die Zusage: Die Technik kann bei ihr eingesetzt werden. Bei Bewusstsein wird sie von Oberarzt Philipp Krauß operiert. Er führt die Elektrode direkt in den Nervenkanal der Wirbelsäule ein. Dann fließt der erste Strom. Die 27-Jährige muss dem OP-Team sagen, was sie spürt. Als es dort kribbelt, wo sonst die Schmerzen sind, weiß Philipp Krauß: Die Elektrode liegt an der richtigen Stelle.
Nun folgen die entscheidenden Tage: Das System wird passend für sie eingestellt und Jennifer Eser bekommt eine Fernbedienung, mit der sie Frequenz und Stärke des Stroms verändern kann. Über Tage soll sie das System zu Hause testen und ein Schmerz-Tagebuch führen. Bringt es ihr genügend Erleichterung, dann wird das System, das jetzt noch an Kabeln aus der Haut kommt, komplett unter der Haut implantiert. Die Schmerz-Fernbedienung funktioniert weiter über Funk-Signale.
„Viele denken, das ist ein Experiment“
Genau eine Woche nach der OP öffnet Jennifer Eser lächelnd ihre Haustür. Sie ist begeistert von dem System, ihre Schmerzen haben sich deutlich verringert. Auch Jennifer Esers kleine Tochter steht lächelnd im Flur: „Normal sagt Mama immer, sie hat so Rückenschmerzen. Und jetzt sagt sie es nicht mehr oft.“
Oberarzt Philipp Krauß ist mit der Schmerzreduktion ebenfalls zufrieden. Wichtig sei, die passenden Patienten für die OP auszuwählen. Dann habe das System eine hohe Erfolgsquote. Die Augsburger Forscher glauben, dass die Methode für rund 30.000 bis 50.000 Schmerzpatienten in Deutschland in Frage kommen könnte. Inzwischen setzen sie die Therapie auch bei chronischen Herzschmerzen, chronischen Schmerzen in Armen und Beinen, Gürtelrose oder Phantomschmerzen ein. Auch für Unterleibsschmerzen bei Frauen könne die Methode inzwischen eingesetzt werden.
Philipp Krauß hofft, dass mehr Ärzte und Therapeuten ihren Patienten von der SCS-Methode berichten: „Viele denken aber, das ist ein Experiment, oder die OP ist sehr invasiv, und probieren doch nochmal ein anderes Medikament aus.“ Jennifer Eser kann das bestätigen. Selbst in der Schmerztherapie habe ihr niemand von der Schmerzreduktion auf Knopfdruck erzählt.