In ihrer Studie, die diese Woche in „Nature Medicine“ [externer Link] erschienen ist, hat ein Wissenschaftler-Team aus den USA und Kanada um die Neurologen Way-Ying Wendy Yau und Jasmeer P. Chhatwal knapp 300 ältere Personen untersucht. Bei 88 von ihnen hatten sich bereits Beta-Amyloid-Ablagerungen und Tau-Proteine im Gehirn befunden, die als für Alzheimer ursächlich vermutet werden. Die Probanden zeigten aber noch keine Symptome der Gehirnerkrankung. Zu Beginn der Studie haben die Forscher sieben Tage lang die Zahl ihrer Schritte pro Tag mittels eines Schrittzählers gemessen. Die Probanden teilten sie daraufhin in vier Gruppen ein: „Inaktive“ mit 3.000 oder weniger Schritten, „wenig Aktive“, die zwischen 3.001 bis 5.000 Schritte gingen, „mäßig Aktive“ mit 5.001 bis 7.500 und „Aktive“ mit mehr als 7.501 Schritten.
14 Jahre lang Ablagerungen im Gehirn untersucht
Dann führte das Team mit den Probanden 14 Jahre lang einmal jährlich kognitive Tests durch und maß die Amyloid- und Tau-Ablagerungen im Gehirn. Das Ergebnis: Bei den Probanden, die mehr als 3.000 Schritte am Tag gingen, zeigte sich eine signifikante Verbesserung gegenüber den „Inaktiven“, also eine geringere Anreicherung der Ablagerung. Die größte Reduktion gab es bei 5.001 bis 7.500 Schritten – zusätzliche Bewegung darüber hinaus brachte keine zusätzliche Verbesserung. Auch bei den Tests zur kognitiven Leistungsfähigkeit schnitten die Probanden mit der „mäßigen Aktivität“ am besten ab. Die Studien-Autoren gehen daher davon aus, dass schon ein moderates Maß an körperlicher Aktivität, das auch ältere Personen schaffen können, ausreicht, um Alzheimer entgegenzuwirken.
Bewegungsmangel ist ein Risikofaktor – auch für Gehirn-Erkrankungen
Für den Direktor des Instituts für kognitive Neurologie und Demenzforschung am Uni-Klinikum Magdeburg, Emrah Düzel, passt das Ergebnis zu bisherigen Erkenntnissen: „Bewegungsmangel ist ein etablierter Risikofaktor für die Alzheimererkrankung.“ Erstmals zeige diese Studie Effekte auch bei Menschen, die bereits Alzheimer-typische Veränderungen im Gehirn haben. Körperliche Aktivität scheint demnach die Ausbreitung der Krankheit zu verlangsamen und die mentale Leistungsfähigkeit zu schützen. Welche Reaktion die Bewegung im Gehirn auslöst, wird durch die Studie nicht klar. Aber Düzel geht davon aus, dass Bewegung auch die Kognition trainiert: „Die Personen müssen navigieren, sich orientieren und mit ihrer Umgebung interagieren.“
Gehirntraining auf dem Laufband
Schon vor 13 Jahren konnte ein Forscherteam des Max-Planck-Instituts für Bildungsforschung [externer Link] in Berlin zeigen, dass Probanden mit einem speziellen Laufband-Training dem altersbedingten, nicht durch Alzheimer verursachten, Abbau von bestimmten Hirn-Arealen entgegenwirkten. Dazu mussten sie während des Geh-Trainings, über einen Bildschirm gesteuert, durch einen virtuellen Zoo navigieren, sich in einer Art Videospiel den Weg suchen. Dadurch wurde der Abbau des Hippocampus, der für die räumliche Orientierung verantwortlichen Hirnregion, verringert. Das legt nahe, dass eine umfassende, die Sinnesreize anregende Bewegung besonders förderlich ist. Emrah Düzel empfiehlt sich nicht nur mit 5.000 Schritten zufriedenzugeben, sondern Sportarten wie Radfahren, Tanzen oder Joggen auszuüben, die zusätzlich das Gehirn stimulieren.
Kritik an der Methode der Studie, Zustimmung zum Ergebnis
An der jetzt vorgelegten Studie gibt es aber auch Kritik. René Thyrian vom Deutschen Zentrum für Neurodegenerative Erkrankungen in Rostock bemängelt, dass nur einmal, zu Beginn der Studie, das Ausmaß der Bewegung gemessen wurde. Und andere Bewegungsformen, wie Radfahren, nicht berücksichtigt wurden. Außerdem könne mit dem gewählten Studiendesign keine Kausalität gezeigt werden, was die Autoren auch selbst als Schwachpunkt vermerken – sprich: es könnte auch sein, dass die Probanden sich mehr bewegten, weil sie weniger Ablagerungen im Gehirn hatten. Dennoch passt das Studien-Ergebnis zu vielen anderen Studien, die ähnlich positive Wirkung von körperlicher Aktivität für die Gehirngesundheit zeigen.
Nicht nur ausreichende Bewegung schützt das Gehirn, sondern der Lebensstil
Damit man ausreichend Bewegung erlangt, sollte diese regelmäßig erfolgen. Das, so René Thyrian geht dann gut, wenn sie „Freude macht und gut in den Alltag integrierbar ist.“ Wichtig sei aber auch ein insgesamt gesunder Lebensstil, zum auch ausgewogene Ernährung, geistige Aktivität und soziale Kontakte gehören. Damit würde auch anderen Krankheiten vorgebeugt.

