Am Montagmorgen, kurz nach 6 Uhr mitteleuropäischer Zeit: Die Falcon-9-Rakete hebt von der Vandenberg Space Force Base in Kalifornien ab. Eine Stunde später ist der neue Satellit in einer Umlaufbahn in mehr als 1.300 Kilometern Höhe angekommen – da, wo bisher schon der Vorgängersatellit Sentinel-6A kreist.
Für Flugdirektorin Isabel Rojo von der europäischen Weltraumagentur ESA beginnt dann die besonders spannende Phase. War der Start selbst weitgehend automatisiert, ist die Feinabstimmung der Position viel Handarbeit für Rojo und ihre Crew in Darmstadt: „Weil wir keine Kollisionsrisiken eingehen möchten, wird der Satellit in einer drei Kilometer niedrigeren Umlaufbahn als Sentinel-6A gelassen.“ In den Tagen nach dem Start sollen einige Manöver folgen, um eine Umlaufbahn einige Sekunden hinter Sentinel-6A zu erreichen.
Sentinel-6B liefert Daten zu Ozeanen, Flüssen und Seen
Von dort aus wird der Satellit wie sein Vorgänger vor allem die Weltmeere beobachten. Sein Radar-Altimeter sendet ein Signal zur Erde, das von der Meeresoberfläche reflektiert wird. Aus der Zeit, die das Signal zurück zum Satelliten braucht, wird die Entfernung berechnet und damit die Höhe des Meeresspiegels – und zwar auf Millimeter genau.
Der neue Satellit wird so alle zehn Tage bis zu 95 Prozent der eisfreien Meeresoberfläche der Erde kartieren und damit auch wichtige Daten zu Meeresströmungen, Wellenhöhe und Windgeschwindigkeit liefern. Sentinel 6-B wird aber auch die Pegelstände von Flüssen und Seen messen, was zusammen mit anderen Satelliten-Daten verbesserte Hochwasservorhersagen und die Bewertung von Dürren ermöglicht. Sentinel-6B führt Messreihen fort, die mit dem TOPEX/Poseidon-Satelliten 1992 begonnen wurden.
Daten von Sentinel-6B geben Hinweise auf Klimawandel
Der Meeresspiegelanstieg gibt Wissenschaftlern Hinweise auf den Klimawandel. Besonders interessant sind für Schöne und sein Team aber regionale Unterschiede: „Wenn wir einen Meeresspiegelanstieg von x Millimetern pro Jahr haben, heißt das nicht, dass wir den überall haben.“ Es gebe Regionen, wo er sich beschleunige und Regionen, wo der Anstieg sich vielleicht auch wieder verlangsame. „Und zu verstehen, welche Mechanismen dahinterstehen, das ist der interessante Faktor für uns.“
Ein weiteres spannendes Instrument ist ein GNSS-Empfänger. Dieser empfängt Signale von Navigationssatelliten wie GPS oder Galileo. Damit kann der Satellit seine Position bestimmen. Neu ist bei den Sentinels aber, dass durch die Navigationssignale auch Klimadaten gewonnen werden. Denn wenn die Signale der Navigationssatelliten die Atmosphäre durchqueren, werden sie beispielsweise durch Wasserdampf verändert. Ein GPS wird so zu einem wissenschaftlichen Experiment.
Sentinel-Satelliten gehören zu Erdbeobachtungsprogramm
Sentinel-6B ist wie auch der kürzlich gestartete Sentinel-1D Teil des Copernicus-Erdbeobachtungsprogramms der ESA. Auch Sentinel-1D ist ein Radarsatellit, allerdings ist er vor allem darauf ausgelegt, große Bereiche der Erdoberfläche abzutasten und so beispielsweise Auswirkungen von Erdbeben oder Überschwemmungen zu untersuchen.
Und noch etwas unterscheidet die Satelliten: Während Sentinel-1D ein reines ESA-Projekt ist, ist an Sentinel-6B die US-Weltraumbehörde NASA beteiligt. Dieser hatte die Regierung von Präsident Donald Trump massiv die Mittel gekürzt.
Streicht Trump-Regierung Mittel für Setinel-6B-Mission?
Beim deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) sieht man zunächst keine Gefahr für die Mission von Sentinel-6B. In einer Stellungnahme der Raumfahrtagentur im DLR auf Nachfrage des BR heißt es: „Die Kooperation für die Nachfolgesatelliten jedoch wird durch die Reduzierung der NASA-Erdbeobachtungsaktivitäten v.a. mit Blick auf Klimathemen gefährdet. Die genauen Auswirkungen sind noch nicht ganz klar und werden derzeit geklärt.“
Ähnlich äußert sich die ESA. Dort wartet man auf die Bekanntgabe des künftigen NASA-Budgets durch das Weiße Haus. Sollte die NASA zu einem Ausstieg gezwungen sein, wäre das dennoch nicht unbedingt das Ende der Sentinel-6-Missionen. Man sei, heißt es von der Raumfahrtagentur im DLR, technisch in der Lage, den Beitrag der USA zu kompensieren. Bleibt am Ende nur die Frage, ob Europas Regierungen auch den finanziellen Ausfall kompensieren wollen.

