Die Filmproduzentin sowie Journalistin Sandra Maischberger und ihr Team standen vor 700 Kisten mit Material – mit privaten Filmaufnahmen, Tagebüchern, den Mitschnitten von Telefonaten, alten Interviews und Fotos. Noch niemand hatte sie bisher in der Gänze gesichtet. Aus diesem Nachlass, der über Jahre ausgewertet wurde, entstand „Riefenstahl“, ein collagierter Dokumentarfilm, eine so akribische wie faszinierende Archivarbeit. Regie führte Andres Veiel, bekannt durch Werke wie „Black Box BRD“ oder „Beuys“.
Dokumente verdichten sich zu einer Erzählung
„Es war klar, dass ich nicht 700 Kisten in drei Tagen mal so durchstöbere und sage: Das nehmen wir, das nehmen wir, das nehmen wir und jetzt fangt mal an zu schneiden“, erzählt Andreas Veiel. Es sei immer wieder eine Entdeckungsreise gewesen, „wo wir das eine Dokument gefunden haben, manchmal zufällig ein zweites, ein drittes, was dann zu einer Erzählung wurde. Und dann kam aber ein viertes Dokument, was das alles wieder infrage gestellt hat.“ So konnte das Team um Veiel und Maischberger etwa nachweisen, dass Riefenstahl „ein Massaker in den ersten Kriegstagen in Polen nicht nur als Zeugin erlebt hat, sondern es möglicherweise sogar mit ausgelöst hat.“
Leni Riefenstahl. Die deutsche Schauspielerin und Regisseurin, die bis zu ihrem Tod im Jahr 2003 leugnete, eine überzeugte Nationalsozialistin gewesen zu sein. Die gerne erzählte, sie habe von nichts gewusst, habe erst nach dem Krieg von den Konzentrationslagern erfahren. Sie entlarvt sich in dem raffiniert geschnittenen Dokumentarfilm erstmals selbst als Faschistin – als eine, die sehr wohl Bescheid wusste, wie die Nationalsozialisten mit Minderheiten und den jüdischen Bürgerinnen und Bürgern im Europa der 1930er und 40er Jahre verfuhren. Klar wird: Riefenstahl war keine Opportunistin, wie oft vermutet, sondern durch und durch ideologisch.
Die Ideologie in der Ästhetik
Andres Veiel und Sandra Maischberger wollen zudem der immer noch aktuellen Riefenstahlverehrung in Bezug auf die Ästhetik ihrer Filme etwas entgegensetzen. Filme, wie „Triumph des Willens“ oder „Olympia“. Die Machart und die Ideologie, die sich darin zeigte, ließen sich nicht voneinander trennen, sagen sie – und sprechen von heroisierenden Aufnahmen in Untersicht, von der Synchronität von Körpern sowie von der Betonung eines arischen Schönheitsideals.
Das sei ein leitender Gedanke bei der Arbeit gewesen, sagt Produzentin Sandra Maischberger: „Die Ästhetik Riefenstahls ist gegenwärtig. Was, wenn die dahinterstehenden Ideale auch gegenwärtig sind?“ Eine Frage, die das Team irgendwann nicht mehr losgelassen habe, und durch die der Film ein sehr drängendes, gegenwärtiges Thema geworden sei.