„Zensur“ und „Voreingenommenheit“
Damit soll nun Schluss sein, zumindest außerhalb von Europa. In einem Video hat Mark Zuckerberg angekündigt, das Faktenchecker-Programm für Facebook, Instagram und Threads in den USA komplett abzuschaffen. Es ist ein Clip, der es in sich hat: Fünf Minuten spricht Mark Zuckerberg über „Zensur“, „politische Voreingenommenheit“ und „Mainstream-Diskurse“ – und kündigt dabei die Kehrtwende an. Der Konzern wird in den USA künftig auf externe Faktenchecker verzichten und stattdessen, wie bei X (früher Twitter), auf „Community Notes“ setzen. Faktenprüfer seien politisch zu voreingenommen und hätten mehr Vertrauen zerstört, als sie geschaffen hätten, vor allem in den USA.
Kontrolle durch die Community
Die Community soll also selbst Kommentare und Korrekturen zu möglichen Falschmeldungen vorschlagen. Gleichzeitig lockert der Konzern seine Moderationsrichtlinien für heikle Themen wie Immigration, Gender und Rassismus. Auch die bisherigen Einschränkungen für politische Inhalte in den Nutzer-Feeds werden aufgehoben. Die Botschaft ist klar: Meta geht „back to the roots“, wie der neue Chef-Lobbyist Joel Kaplan bei Fox News verkündet. Der frühere Bush-Berater löst den langjährigen Lobbyisten Nick Clegg ab – auch das ein deutliches Signal für die Neuausrichtung des Konzerns.
„Bedauerlicher“ Rückzug unter politischem Druck
„Es ist bedauerlich, dass diese Entscheidung unter extremem politischen Druck einer neuen Administration und ihrer Unterstützer fällt“, sagt die Direktorin des International Fact-Checking Network, Angie Holan zur Zuckerberg-Entscheidung. Faktenchecken habe nie zensiert – es hätte Kontext zu umstrittenen Behauptungen hinzugefügt.
In Europa allerdings bleiben die Faktenchecker vorerst aktiv. Die EU-Kommission droht bei Verstößen gegen das Gesetz über digitale Dienste mit Strafen von bis zu 6 % des weltweiten Umsatzes. Zuckerberg wiederum kritisiert die „wachsende Zahl von Gesetzen“ in der EU, die seiner Meinung nach „Zensur institutionalisieren“.
Deutsche Politiker reagieren geteilt. SPD-Generalsekretär Matthias Miersch nannte Metas Pläne „brandgefährlich“ und forderte eine scharfe Überwachung durch die EU-Kommission. Der FDP-Politiker Wolfgang Kubicki wiederum begrüßte die Entscheidung als „gute Nachrichten für die freie Rede“.
Silicon Valley im Wandel
Der Zeitpunkt der Ankündigung ist kein Zufall, denn der politische Wind im Valley dreht sich. Was als ideologischer „Vibe Shift“ begann, manifestiert sich nun in konkreten Unternehmensentscheidungen. Die Tech-Giganten, die noch vor wenigen Jahren eine progressive Agenda verfolgten, schwenken zunehmend auf einen libertären Kurs um. Dieser Wandel zeigt sich nicht nur in der Moderation von Inhalten, sondern auch in der Unternehmenskultur: Diversitätsprogramme werden zurückgefahren, Remote-Work-Regelungen verschärft, und politische Diskussionen am Arbeitsplatz eingeschränkt.
Ob aus Überzeugung oder als präventives Zugeständnis an eine mögliche zweite Trump-Administration – die Tech-Giganten positionieren sich neu. Elon Musks radikaler Umbau von Twitter zu X hat dabei eine Art Blaupause geliefert: Weniger Moderation, mehr Meinungsfreiheit, auch wenn dies bedeutet, dass die Plattform toxischer wird. Meta, einst Vorreiter in Sachen Content-Moderation, führt diesen Wandel nun mit an.