Es sollte ein realistischer Western-Dreh werden, so, wie er hundertfach in Hollywood stattfindet. Doch es wurde eine Tragödie. Die Rede ist vom Film „Rust – Legende des Westens“. Die Hauptrolle, einen Outlaw, spielt Alec Baldwin. Außerdem war er Produzent und damit für die Sicherheit der Crew verantwortlich.
Während der Dreharbeiten 2021 schoss Alec Baldwin mit einer historischen Waffe, die versehentlich mit scharfer Munition geladen war. Die Kugel tötete die Kamerafrau Halyna Hutchins. Baldwin musste sich vor Gericht verantworten, der Prozess wurde allerdings im Sommer eingestellt. Mittlerweile klagt er selbst gegen die Ermittlungsbehörden. Nichtsdestotrotz bleibt der „Rust“-Dreh ein mahnendes Beispiel für eine Industrie, die für eine schnellere Produktion bei kleinen Budgets die Sicherheit der Crew vernachlässigt.
Auch der Film beginnt mit einem unabsichtlichen Totschlag
Das sind die – nicht gerade leisen – Hintergrundgeräusche, die diesen Filmstart zu übertönen drohen. Dabei hat „Rust“ selbst durchaus auch Aufmerksamkeit verdient. Bittere Ironie: Auch hier geht es um einen unabsichtlichen Totschlag.
Eigentlich wollte der 13-jährige Vollwaise Lucas einen Wolf in der Prärie erschießen. Seine Kugel trifft jedoch seinen Nachbarn, mit dem er immer wieder Streit hatte. Der Mann stirbt. Und Lucas’ Schicksal scheint besiegelt im rauen Kansas von 1880. Das Gericht beschuldigt ihn des Vorsatzes und verurteilt ihn zum Tod durch den Strang.
Dazu soll es jedoch nicht kommen, denn der Junge wird aus seiner Zelle befreit – von einem Mann, den er nicht kennt. Harland Rust (Alec Baldwin) ist ein Gesetzloser. Und er ist, wie sich herausstellt, der Großvater von Lucas. Ab sofort sind beide auf der Flucht durch den rauen Westen, verfolgt von einem US-Marshal und einem unheimlichen Kopfgeldjäger.
Ein Western in der Tradition Clint Eastwoods
Joel Souza und seinem Team ist ein sorgfältig rekonstruierter Western über Familie, Schuld, Vergebung und Menschlichkeit in rauesten Umständen gelungen. Die Szene, bei deren Proben der Unfall geschah, wurde nicht mehr realisiert. Es sei eine schwierige Entscheidung gewesen, weiterzudrehen oder nicht, erzählt Souza im Interview. „Anfangs wollte ich nie wieder einen Film drehen.“ Allerdings sei es sowohl ihm als auch dem Ehemann von Halyna Hutchins wichtig gewesen, ihr letztes Werk auf der Leinwand zu sehen.
Es wäre jedoch falsch, „Rust“ nur in Verbindung mit dem tragischen Unfall zu sehen. Der Film steht in einer Reihe mit Clint Eastwoods Oscar-Gewinner „Erbarmungslos“. Auch dieser hatte sich der ehrlichen Schilderung des Wilden Westens verschrieben, nicht dem Romantisieren von Revolverhelden.
Vor allem aber ist „Rust“ großartig gefilmt. So ganz entkommt der Film der Tragik auch nach seiner Fertigstellung nicht: Ist er doch das letzte Werk einer Kamerafrau, die ihr Handwerk wirklich verstand. Und von der man gerne mehr gesehen hätten.