Deutschland bleibt nach Prognosen der OECD eine der am langsamsten wachsenden Industrienationen – trotz des unerwartet guten Jahresauftakts. Das Bruttoinlandsprodukt (BIP) dürfte lediglich um 0,4 Prozent zulegen, wie die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) mit Sitz in Paris mitteilte. Im März war sie noch von 3,1 Prozent in diesem und 3,0 im kommenden Jahr ausgegangen.
Europas größte Volkswirtschaft auf drittletztem Platz
Damit belegt Europas größte Volkswirtschaft zusammen mit Mexiko den drittletzten Platz, nur Österreich und Norwegen schneiden demnach schlechter ab.
Positiv wertet die OECD die schnelle Regierungsbildung in Deutschland und die anstehenden öffentlichen Investitionen in Verteidigung und Infrastruktur. 2026 soll es in Deutschland dann zu einem Plus von 1,2 Prozent reichen, nachdem bislang mit 1,1 Prozent gerechnet wurde.
„Die relativ schnelle Bildung einer funktionsfähigen Regierung sowie die Reform der Schuldenbremse haben die politische Unsicherheit verringert und das Investoren- und Konsumentenvertrauen verbessert“, sagten die OECD-Deutschland-Experten Isabell Koske und Robert Grundke der Nachrichtenagentur Reuters.
Konsum und Investitionen stärker gestiegen als erwartet
Im ersten Quartal seien sowohl der private Konsum als auch die privaten Investitionen stärker gestiegen als angenommen. „Wir erwarten außerdem, dass dieses Jahr die öffentlichen Investitionen in die Verteidigung sowie ab nächstem Jahr auch die Investitionen in die Infrastruktur stark ansteigen werden, was zu einer Belebung der Konjunktur beitragen wird“, betonten Koske und Grundke. „Allerdings werden diese positiven Signale getrübt von der hohen handelspolitischen Unsicherheit“, fügten sie mit Blick auf die von US-Präsident Donald Trump angekündigten hohen Zölle hinzu. Das bremse Investitionen in exportorientierte Firmen des verarbeitenden Gewerbes.
Die Wachstumsprognose für die Weltwirtschaft für das laufende Jahr hat die OECD ebenfalls aufgrund der ungeklärten Zollauseinandersetzungen etwas nach unten korrigiert, auf 2,9 Prozent. „Die globalen Wirtschaftsaussichten trüben sich ein“, erklärte die OECD. „Es wird davon ausgegangen, dass die erheblichen Handelshemmnisse, die restriktiveren finanziellen Rahmenbedingungen, das abnehmende Vertrauen und die zunehmende politische Unsicherheit negative Auswirkungen auf das Wachstum haben werden.“
US-Zollpolitik sorgt weltweit für Instabilität
In den USA wächst das Bruttoinlandsprodukt (BIP) nach OECD-Angaben 2025 voraussichtlich nur noch um 1,6 Prozent – zuvor waren 2,2 Prozent prognostiziert worden. 2026 sollen es nur noch 1,5 Prozent sein. US-Präsident Trump verfolgt seit Beginn seiner zweiten Amtszeit im Januar einen harten handelspolitischen Kurs, der die weltweiten Lieferketten und die Aktienmärkte erschüttert hat. In seinem Onlinenetzwerk Truth Social erklärte er vor der Veröffentlichung des OECD-Reports: „Wegen der Zölle boomt unsere Wirtschaft!“