Fluggäste sollen nach dem Willen der EU-Staaten künftig erst nach vier Stunden Verspätung entschädigt werden – und nicht wie bisher nach drei Stunden. Eine Mehrheit der EU-Verkehrsminister hat sich bei einem Treffen in Luxemburg für diese Änderung ausgesprochen. Die Vier-Stunden-Regel soll dem Willen der Minister zufolge für Distanzen bis 3.500 Kilometer gelten. Für längere Flugreisen ist eine Frist von sechs Stunden vorgesehen. Die wichtigsten Fragen und Antworten dazu.
Was gilt bislang?
Laut geltender Fluggastrechteverordnung besteht bislang für Fluggäste pauschal ab drei Stunden Verspätung Anspruch auf Entschädigung, sofern die Airline diese verschuldet:
- 250 Euro für Flüge bis 1.500 km
- 400 Euro für Flüge bis 3.500 km
- 600 Euro für Langstreckenflüge mit mehr als 3.500 km
Was ist die Argumentation der Airlines?
Der deutsche Lobbyverband BDL hatte beim Institut Yougov eine Umfrage unter Passagieren in Auftrag gegeben. Unter der Vorgabe, dass sie noch am selben Tag ihr Ziel erreichen, waren demnach 73 Prozent der befragten Passagiere bereit, erst nach fünf Stunden Verspätung einen Entschädigungsanspruch zu erhalten.
Nur 21 Prozent votierten für eine Entschädigungszahlung bereits nach drei Stunden. Dafür würden sie in Kauf nehmen, ihr Ziel gegebenenfalls erst ein oder zwei Tage später zu erreichen.
Die Airlines und ihre Verbände argumentieren, dass sie an vielen Zielen in Europa technisch nicht in der Lage sind, innerhalb von drei Stunden ein Ersatzflugzeug samt Crew zu stellen. Im Zweifel werde dann auf einen zusätzlichen Flug verzichtet, weil die hohen Entschädigungszahlungen ohnehin bereits angefallen seien. Fünf Stunden sei deshalb die bessere Frist. Wie viel mehr Ersatzflüge genau durch eine Fünf-Stunden-Regel noch am selben Tag stattfinden würden, ist allerdings unklar.
Wie sicher kommt die neue Regelung?
Grundsätzlich haben die Europaparlamentarier bei dem Vorhaben noch ein Wort mitzureden und müssen den neuen Regeln ebenfalls zustimmen. Es ist durchaus möglich, dass das Europaparlament die Drei-Stunden-Vorgabe beibehalten will.
Der FDP-Europaabgeordnete Jan-Christoph Oetjen betonte etwa vor der Abstimmung, dass das Parlament bereits eine Position habe, „und ich sehe keinen Grund, diese gute Position noch einmal anzupassen“. Der CDU-Europaabgeordnete Jens Gieseke sagte dazu: „Als Parlament werden wir keine Verschlechterung des Status quo akzeptieren.“
Die Entwürfe gehen nun in die Verhandlungen mit dem Europaparlament. Diese Gespräche dürften aber frühestens im Herbst an Fahrt aufnehmen.
Welche Position nimmt Deutschland ein?
Die Bundesregierung hatte sich dafür eingesetzt, dass Passagiere wie bisher ab drei Stunden Verspätung entschädigt werden und dafür pauschal eine Entschädigung von 300 Euro bekommen. Dadurch würden Verbraucherrechte gewahrt, aber auch Fluggesellschaften auf Langstreckenflügen entlastet, sagte Bundesverkehrsminister Patrick Schnieder (CDU) vor dem Treffen.
Entsprechend stimmte Deutschland der Änderung bei der Sitzung in Luxemburg nicht zu. Verbraucherschützer warnen davor, dass bei einer Änderung deutlich weniger Passagiere entschädigt werden würden.
Was sagen Verbraucherschutzorganisationen?
Verbraucherorganisationen warnten vor einem „nicht hinnehmbaren Rückschritt“ für die Rechte von Fluggästen. Zahlreiche Passagiere könnten durch eine Änderung in dieser Form leer ausgehen.
Neben der höheren Schwelle sieht der Kompromiss weitere Änderungen an den Rechten für Fluggäste vor, einige davon im Sinne der Verbraucherinnen und Verbraucher. Fluggesellschaften sollen bei Verspätungen etwa automatisch ein Formular verschicken, mit dem Passagiere eine Entschädigung beantragen können. Die EU-Länder forderten die Kommission zudem auf, eine automatisierte Auszahlung der Entschädigung zu prüfen, was bislang nicht vorgesehen ist.
Mit Informationen von dpa und AFP.