Für Donald Trump ist die Sache eindeutig: „Wie viele Chevrolets oder Fords sehen Sie mitten in München?“, fragte der US-Präsident vor ein paar Monaten eher rhetorisch. Denn die Antwort darauf lautet selbstredend: nahezu keine. Und sie führt schnurgerade zu dem Zoll-Deal zwischen der Europäischen Union (EU) und den USA.
Den USA ist es dabei gelungen, den Spieß umzudrehen: Nachdem Trump wiederholt den Europäern vorgeworfen hatte, sich handelspolitisch abzuschotten, dürfte er sich nun am Ziel wähnen. Die EU muss einen Zollsatz von 15 Prozent schlucken, während die USA die Zölle für eigene Exporte auf null Prozent drücken konnten – inklusive amerikanischer Autos, die bislang mit zehn Prozent belegt waren. Bei großen Pick-ups waren es sogar 25 Prozent.
Erfüllt sich damit endlich auch Trumps Traum, dass die Straßen mitten in München und anderen deutschen Städten mit US-Fahrzeugen geflutet werden?
US-Autohersteller verfehlen Geschmack europäischer Kunden
Professor Stefan Bratzel hat da erhebliche Zweifel. „Auch die Null-Prozent-Zölle werden kaum zu einer wesentlichen Steigerung der Marktanteile von amerikanischen Modellen in Europa führen“, sagt der Autoexperte des Center of Automotive Management zu BR24.
US-Hersteller träfen nicht den Geschmack und die Wünsche europäischer Kunden. „Sie haben eigentlich nichts anzubieten, was bei uns größere Marktanteile gewinnen könnte“, sagt Bratzel. Zu groß, zu protzig, Spritfresser – in diesen Klischees steckt also mehr als nur ein bisschen Wahrheit.
Amerikanische XXL-SUVs: zu groß und ineffizient
„Ein Markt, der für große Autos gemacht ist“, so beschreiben die Auto-Analysten von JATO den amerikanischen (externer Link). Laut ihrer Auswertung erreichten 2024 SUVs in der EU einen Marktanteil von 52 Prozent, in den USA vergleichbare 57 Prozent. Sehr große SUVs mit einer Länge von mehr als fünf Metern kamen in der EU hingegen gerade einmal auf knapp zwei Prozent, während ihr Marktanteil in den USA zehnmal so groß war.
Diese XXL-SUVs seien aufgrund hoher Spritpreise, schmaler Straßen und strenger Abgasvorschriften nicht für den europäischen Markt geeignet. „Europäische Kunden kaufen keine amerikanischen Autos, weil sie nicht ihren Vorlieben bei Größe, Effizienz und Design entsprechen“, fassen die Analysten zusammen.
Nicht ohne Grund haben sich Konzerne wie General Motors in den vergangenen Jahrzehnten aus dem europäischen Markt verabschiedet. Fahrzeuge wie der Dodge Ram oder Ford F-150 sind Nischenprodukte, die sogar über eine spezielle Einzelgenehmigung zugelassen werden müssen.
Deutsche Autohersteller exportieren selbst viel aus den USA
Laut dem Verband der Automobilindustrie (VDA) wurden vergangenes Jahr rund 448.000 Pkw aus Deutschland in die USA exportiert. In die Gegenrichtung gingen 136.000 Fahrzeuge aus den USA nach Deutschland. Wie viele davon explizit von amerikanischen Herstellern stammen, vermag der Verband nicht aufzuschlüsseln.
Marktanalysen gehen jedoch von einem winzigen Anteil aus, da auch die deutschen Hersteller in Übersee Werke haben. BMW bezeichnet sich selbst mit seinem Werk in Spartanburg als „größten Automobilexporteur in den Vereinigten Staaten“. Dort lag der Exportwert vergangenes Jahr nach Konzernangaben bei etwa zehn Milliarden US-Dollar.
Tesla als Ausnahme unter US-Herstellern – aber mit anderen Problemen
Die einzige Ausnahme unter den US-Herstellern war lange Tesla. Der Autobauer fuhr als Elektropionier jahrelang den anderen davon. In jüngster Zeit sind allerdings auch bei Tesla die Absätze eingebrochen – allerdings nicht wegen der Zölle, sondern weil sich die Kundinnen und Kunden von Firmenchef Elon Musk und seinem politischen Engagement abwenden.