Am Montag gab das Berlusconi-Unternehmen Media for Europe (MFE) die entscheidende Zahl bekannt: 43,6 Prozent. So viele Anteile an ProSiebenSat.1 haben sich die Italiener bis heute gesichert. Damit ist erst einmal klar: Der italienische Medienkonzern verfehlt vorerst die geplante Übernahme von ProSiebenSat.1. Aber die Aktionäre des Münchner Medienunternehmens haben von Dienstag an noch einmal zwei Wochen Zeit, ihre Anteile den Italienern zu verkaufen. Dann herrscht Klarheit um die Zukunft von ProSiebenSat.1.
Für eine Übernahme muss eine 50-Prozent Mehrheit erreicht werden. Nur dann können die Italiener Umsätze und Gewinne von ProSiebenSat.1 voll in die eigene Bilanz einbeziehen. MFE hatte sein Übernahme-Angebot Ende Juli deutlich erhöht.
Bieterschlacht um ProSiebenSat.1
Neben MFE interessiert sich auch der tschechische Finanzinvestors PPF für die Übernahme. Trotz eines niedrigeren Angebots konnte der Investor weitere Anteile zukaufen und hält jetzt rund 18,4 Prozent. Die Bieterschlacht beschäftigt die Medienwelt seit Monaten. Kartellrechtlich gibt es keine Hürden für den Deal. Auch die Führungsspitze von ProSiebenSat.1 gab Anfang August ihren Widerstand gegen eine Übernahme auf.
Kulturstaatsminister Weimer kritisch
Kritische Stimmen waren von Kulturstaatsminister Wolfram Weimer (CDU) zu hören. Dieser hatte Bedenken hinsichtlich Media for Europe geäußert. Sollte die Übernahme tatsächlich erfolgen, so Weimer, dann erwarte man, „dass die journalistische Unabhängigkeit der Redaktionen erhalten bleibt und kein Einfluss durch die neuen Anteilseigner genommen wird“. Um diese Sorgen zu besprechen, hatte Weimer Pier Silvio Berlusconi, MFE-Chef und Sohn von Silvio Berlusconi, auch schon zu einem Gespräch ins Kanzleramt eingeladen.
Deutsche Medienwächter sehen in der geplanten Übernahme keine Bedrohung für die Meinungsvielfalt. „Rein rechtlich ist eine vorherrschende Meinungsmacht durch einen Einstieg eines Investors, der bislang auf dem deutschen Medienmarkt nicht aktiv ist, nicht zu befürchten“, sagte der Präsident der Bayerischen Landeszentrale für neue Medien, Thorsten Schmiege.
Berlusconi-Konzern will Netflix Konkurrenz machen
Media for Europe gehört den Kindern des 2023 gestorbenen früheren italienischen Regierungschefs Silvio Berlusconi. Über Jahrzehnte hatte der Patriarch seinen Medienkonzern genutzt, um seine politische Karriere und die von ihm gegründete Partei Forza Italia zu fördern. Die Berlusconi-Kinder sind bislang nicht in die Politik eingestiegen, stehen der Partei aber nach wie vor nahe.
Der Konzern will ein paneuropäisches Angebot (Link zum Audio) aufbauen, um den US-Streamingangeboten wie Netflix Konkurrenz zu machen. Der Konzern besitzt bereits Sender in Italien und Spanien.