Selbst wenn man kurz davor noch auf dem Klo war und extra wenig getrunken hat: Sobald man sich länger im Wasser aufhält, drückt die Blase. Wieso eigentlich? Will da Wasser zu Wasser – oder was hat es damit auf sich? Die Antwort ist einfach und überraschend: Es hat weder etwas mit dem Wasser noch mit dem Urin zu tun – es liegt am Blut.
Mit der Leichtigkeit im Wasser strömt mehr Blut zum Herzen
Im Wasser zu baden, sorgt dafür, dass ein größerer Teil unseres Blutes sich in der Körpermitte und auch im Herzen sammelt. Dafür sorgen gleich mehrere Umstände beim Baden:
- Im Wasser schweben wir und sind der Schwerkraft ein wenig entzogen. Diese zieht uns aber normalerweise das Blut nach unten in die Beine und Füße. Im Wasser aber kann das Blut leichter zirkulieren und verteilt sich so mehr als üblich in der oberen Körperhälfte. Wer zusätzlich schwimmt – also die Beine auf gleicher Höhe wie den Oberkörper hält statt nur am Beckenrand zu hängen – lässt noch mehr Blut in Rumpf und Kopf gelangen.
- Der Wasserdruck wirkt außerdem wie ein Kompressionsstrumpf auf Arme und Beine und verengt die Gefäße in den Gliedmaßen. Auch das lässt das Blut eher zur Körpermitte strömen. Je tiefer wir uns im Wasser befinden, umso mächtiger kann der Harndrang werden – Taucherinnen und Taucher wissen ein Lied davon zu singen.
- Halten wir uns außerdem lange in kühlerem Wasser auf, sorgt die Kälte dafür, dass der Körper das Blut möglichst in der Körpermitte versammelt, um die lebenswichtigen Organe vor der Kälte zu schützen.
Herz an Niere: Wasser lassen!
Das viele Blut in der Körpermitte drückt aber nicht etwa auf die Blase, sondern etwas auf das Herz. Dort registrieren empfindliche Zellen, dass der Blutdruck scheinbar gestiegen ist. Dagegen lautet die Notfallstrategie des Körpers: Druck ablassen! Der Niere wird gemeldet: schnell entwässern! Und das tut sie – und füllt die Blase mit Urin.
Wissenschaftlich exakt beschrieben wird der Vorgang mit dem Gauer-Henry-Reflex (auch Henry-Gauer-Reflex), den die beiden gleichnamigen Forscher im 20. Jahrhundert entdeckt haben.
Auch bei Kälte steigt der Harndrang
Genau der gleiche Mechanismus – vom Schweben mal abgesehen – ist übrigens am Werk, wenn wir frieren: Auch dann müssen wir häufiger aufs Klo, weil die Kälte das Blut in die Körpermitte treibt. Meist ist das auch noch sehr kontraproduktiv, weil nicht immer ein geheiztes Klohäuschen zu finden ist.
Jeder Astronaut kennt den Gauer-Henry-Reflex
Wenn Sie das nächste Mal der plötzliche Harndrang aus dem Becken oder See hinaustreibt, dann trösten Sie sich: Jede Astronautin und jeder Astronaut kennt das Problem ebenfalls. Sie sitzen kopfunterhängend in den Raumkapseln, während sie auf den Start ihrer Raketen warten. Aufs Klo gehen ist da natürlich nicht mehr. Deswegen tragen sie immer eine spezielle Windel unter dem Raumanzug.