In der Komödie im Bayerischen Hof (externer Link) in München muss das Publikum mal wieder ganz ohne Liebesaffären und Eifersuchtsdramen auskommen. Intendant René Heinersdorff startet mit der Krimi-Satire „Achtsam Morden“ nach dem 2019 erschienenen Erfolgs-Roman von Karsten Dusse in die neue Saison. Da geht es um einen biederen Anwalt, der mehr oder weniger zufällig zum Mafiaboss wird. Die Regie führt Pascal Breuer.
„Mich erinnert das an Breaking Bad“
Blutig geht´s zu, was natürlich als Persiflage auf die groteske Ratgeber-Literatur und auf überdrehte Fernsehkrimis zu verstehen ist. Heinersdorff selbst übernahm die Hauptrolle: „Mich hat das sehr stark erinnert an die amerikanische Serie ‚Breaking Bad‘, wo ja auch der ganz spießige Lehrer durch einen Zufall einen Mord begeht und dadurch plötzlich für jemand gehalten wird, der offensichtlich Macht hat. Ganz ähnlich ist es hier mit meiner Figur, mit diesem Björn Diemel.“
Dem „passiere“ sein erster Mord, so Heinerdorff, mit weitreichenden Folgen: „Auf einmal merkt er, oh, das verschafft mir Respekt. Jetzt komme ich da weiter, jetzt machen die anderen was, und er will das alles eigentlich gar nicht und steigt immer höher auf in der Hierarchie der Mafia und hat dabei eigentlich nur ein Ziel den ganzen Abend: Er möchte einen Kindergartenplatz für seine Tochter.“
„Darüber kann man doch keine Witze machen“
Was auffällt: An der traditionsreichen Komödie standen in den letzten Monaten häufiger Stücke zur Auswahl, die sich mit Gesellschaftskritik befassten. Da ging es um Machenschaften in der katholischen Kirche, um die plastische Chirurgie und um die seelischen Verwüstungen, die ein Lottogewinn anrichten kann. René Heinersdorff: „Wir glauben einfach, dass die Themen des Boulevards sich weiter auffächern müssen und wir vor allem lernen müssen, dass auch heikle Themen humoristisch angegangen werden können. Wir erleben natürlich, dass Leute dann sagen, darüber kann man doch keine Witze machen.“
Er persönlich sei gleichwohl ein großer Fan von Liebeskomödien: „Wir wollen sie auch nicht auf alle Ewigkeit verdammen. Wir werden auch bei acht Produktionen pro Saison zwei oder drei Komödien machen, wo ein Liebhaber im Schrank steht. Aber ich finde es total wichtig, dass so ein Abend wie heute auch den Spielplan einfach erweitert und ergänzt.“
„Im Vordergrund steht Unterhaltung“
Fündig wird der Intendant übrigens häufig in Paris, beim französischen zeitgenössischen Unterhaltungstheater. Was dort funktioniert, begeistert oft, aber keineswegs immer auch das deutsche Theaterpublikum: „In London ist die Boulevard-Szene ein bisschen zusammengebrochen, auch aufgrund der Ambitionen vieler Autoren wie Sam Shepard oder Ben Elton oder Alan Ayckbourn, die alle natürlich versuchten, stärker in Richtung Feuilleton zu denken, in Richtung Literaturpreis, das ist in Paris nicht der Fall.“
In Paris liefen 30 Boulevardtheater gleichzeitig, und die seien alle voll: „Da sind natürlich auch sehr viele sehr lapidare Komödien dabei. Allerdings haben auch die immer eine gewisse Gesellschaftskritik, die ist immer dabei, aber im Vordergrund steht natürlich die Unterhaltung und das ist für uns als gänzlich unsubventioniertes Haus natürlich ein ganz entscheidendes Kriterium, dass die Leute rausgehen und sich unterhalten haben.“
Komödie im Bayerischen Hof muss 400.000 Euro zurückzahlen
Finanziell sehe es gut aus in der Komödie im Bayerischen Hof, doch sorgenfrei ist der Saisonstart für René Heinersdorff keineswegs: „Wir haben eine sehr erfolgreiche Spielzeit hinter uns. Man ist dann immer erschrocken, wie schnell im Sommer das, was man sich im Winter angefressen hat, hinwegschmilzt. Es kommt hinzu, dass wir zwei große Probleme zu bewältigen haben. Zum einen die Ertüchtigung und Instandsetzung des Hauses. Hier ist viel im Argen geblieben über die letzten Jahre, was wir nun aufholen müssen.“
Außerdem verweist er in seiner Eigenschaft als Vorsitzender der Privattheatergruppe im Deutschen Bühnenverein auf die erheblichen Coronahilfen-Rückforderungen, gegen die die betroffenen Häuser „relativ machtlos“ seien: „Das Geld, das damals großzügig ausgeschüttet worden ist, ist natürlich genutzt worden für die Theater, und wenn jetzt plötzlich die Rückforderungen kommen, kann das schon existenzgefährdend sein.“
Rund 400.000 Euro muss die Komödie zurückzahlen, so der Intendant. Das sind viele Karten, aber die umsatzstärkste Jahreszeit nach dem Oktoberfest steht ja unmittelbar bevor.