„OlympiJA“ oder „nÖlympia“: In der Frage, ob München sich um die Olympischen Spiele 2036, 2040 oder 2044 bewerben sollte, gehen die Meinungen auseinander. Die Entscheidung liegt bei den Münchnerinnen und Münchnern selbst: In diesen Tagen erhalten sie die Unterlagen für den Olympia-Bürgerentscheid am 26. Oktober.
Ein wichtiger Aspekt bei dieser Frage: die Wirtschaft. Zweifelsohne würden Millionen Menschen nach München reisen und dort Geld ausgeben. Vergleichbar mit Events wie Fußball-EM, European Championships oder Taylor-Swift-Konzerten – nur deutlich größer und länger.
Folgt daraus auch automatisch ein Wirtschaftsboom für die Landeshauptstadt? Kann sein.
Restaurants, Hotels und Einzelhandel profitieren von Olympischen Spielen
Forscher des ifo-Instituts haben Studien zu vergangenen sportlichen Großereignissen ausgewertet (externer Link). Ihr Fazit: Falls es messbare positive wirtschaftliche Folgen gab – was nicht immer der Fall war – „waren sie oft nur von kurzer Dauer oder lokal und auf bestimmte Branchen beschränkt“.
Demnach nehmen etwa Einzelhandel, Restaurants oder Hotels teils deutlich mehr Geld ein. Auch können vorübergehend neue Arbeitsplätze entstehen. Solche wirtschaftlichen Effekte würden jedoch oft schnell wieder verpuffen. „Nach dem Ereignis sinken die Einnahmen aus dem Tourismus, und viele der geschaffenen Arbeitsplätze verschwinden wieder“, schlussfolgern die ifo-Forscher.
Bayerischer Einzelhandel: Umsatzplus von einer Milliarde Euro durch Olympia
Die Stadt München rechnet damit, dass der Tourismus im Rahmen der Olympischen Spiele einen ähnlichen Umsatz wie das Oktoberfest generieren würde (externer Link). Dessen Wirtschaftswert wird mit rund 1,52 Milliarden Euro beziffert.
„Die Spiele wären für die Welteinkaufsstadt München allein aus Marketing- und Imagegründen ein absoluter Volltreffer“, sagt Bernd Ohlmann zu BR24. Der Geschäftsführer des Handelsverbands Bayern erwartet, ausgehend von Olympia 2024 in Paris, zusätzliche Einnahmen für die Branche von mindestens einer Milliarde Euro, was einem Umsatzplus von zehn Prozent entspräche.
Neben Mehreinnahmen erhofft sich der Bayerische Hotel- und Gaststättenverband (Dehoga) trotz Studienlage auch langfristige Effekte. Landesgeschäftsführer Thomas Geppert verweist auf den „positiven Imagegewinn“ und glaubt: „Investitionen in touristische Infrastruktur werden dauerhaft von Vorteil sein“ – sowohl für Einheimische als auch für Gäste.
Experte: Wirtschaftliche Bedeutung Olympias wird oft überschätzt
Doch wie belastbar sind Zahlen für ein Event, das in zehn oder 20 Jahren stattfindet? „Im Regelfall sind die wirtschaftlichen Erwartungen im Vorfeld zu optimistisch“, sagt Matthias Firgo im BR24-Interview. Der Professor für Volkswirtschaftslehre an der Hochschule München forscht seit Jahren zu Tourismus und Olympia (externer Link).
Ein Wort, das bei ihm immer wieder fällt: Verdrängungseffekte. Gemeint ist, dass zwar neue Touristen kämen, andere dafür aber fernblieben – etwa Besucher von Messen oder Kongressen. „Auch alles, was mit Kunst und Kultur zu tun hat, profitiert nicht unbedingt“, sagt Firgo.
Die gebuchten Hotelzimmer in Paris 2024 etwa zeigen: Während der Spiele schoss die Auslastung in die Höhe. In den Wochen davor und danach lag sie allerdings unter dem Niveau des Vorjahres.
Kosten lassen sich laut Staatsregierung noch nicht abschätzen
Wie viel Geld das Großereignis einbringen könnte, ist zudem nur eine Seite der olympischen Medaille. Die andere: die Kosten. Und hier lässt sich noch nichts absehen. Das Bayerische Innenministerium, das auch für Sport zuständig ist, teilt auf BR24-Anfrage mit: „Eine konkrete Bezifferung der zu erwartenden Budgets ist zum gegenwärtigen frühen Zeitpunkt nicht möglich.“
Bei der Diskussion um solche öffentlichen Mittel sollte man aus Sicht von Tourismusforscher Firgo auch immer im Hinterkopf behalten: „Positive kurzfristige Effekte sind mitunter sehr teuer erkauft.“ Ja, S- und U-Bahn würden möglicherweise schneller ausgebaut – einerseits. Andererseits: „Warum brauche ich dieses Event, um in einer Stadt, die unter chronischem Wohnungsmangel und einem Verkehrsproblem leidet, die notwendigen Investitionen zu tätigen?“
Am Ende liege es an den Münchnern, beim Bürgerentscheid zu beurteilen, ob es ihnen das wert sei. Die Entscheidung allein von möglichen positiven Wirtschaftseffekten abhängig machen, sollte laut Firgo aber niemand – dazu seien diese schlicht zu gering.

