Vielleicht ahnt es Kate Winslet bereits damals, dass sie mit dieser Rolle nicht nur in die Erste Klasse der Titanic einchecken würde, sondern auch in die A-Liga Hollywoods. Der riesige Erfolg des Blockbusters über das wohl berühmteste Schiffsunglück der Geschichte katapultiert die bis dahin vergleichsweise unbekannte Winslet über Nacht ins Rampenlicht. Mit Anfang 20 kann sie sich dementsprechend die nächsten Projekte aussuchen – verzichtet aber erstmal, zur Überraschung vieler, auf das next big thing, sondern übernimmt Rollen in eher kleinen Independent-Produktionen.
Bodenständige Tochter aus Schauspieler-Familie
Ein Arbeits-Ethos, das sie womöglich von ihrem Vater mitgegeben bekommt. Auch der ist, genau wie Kate’s Mutter, Schauspieler, hangelt sich mal mehr, mal weniger erfolgreich von Rolle zu Rolle und arbeitet zwischendurch immer wieder in regulären Jobs. Nicht anders ist es zunächst bei Kate: während sie schon erste Rollen an Land zieht, jobbt sie weiterhin in einem kleinen Laden in ihrer südenglischen Heimat Reading. In einem Interview berichtet sie später, dass es noch einige Jahre dauern sollte, bis sie das nötige Selbstvertrauen entwickelte, um gelassener ins Casting für neue Rollen zu gehen.
Schattenseiten des Star-Ruhms
Titanic bringt also die Wende. Während der Luxusdampfer im Atlantik versinkt, geht Winslets Stern erst richtig auf. Doch der Erfolg konfrontiert die junge Britin auch mit den Schattenseiten des Geschäfts. Denn nicht nur ihre schauspielerischen Qualitäten stehen im Fokus – Teile des Boulevards stürzen sich von Anfang an auf ihr Aussehen. In einer Zeit, in der gänzlich unrealistische und stark männlich geprägte Schönheitsideale den Look (nicht nur) in Hollywood bestimmen, sieht sich Kate Winslet immer wieder hämischen Kommentaren ihre Figur betreffend ausgesetzt.
Sicherlich einer der Gründe, warum sich Kate Winslet heute vehement gegen Bodyshaming ausspricht und bewusst auf Schönheitseingriffe verzichtet. Als Wegbereiterin und Vorbild für eine neue Generation an Schauspielerinnen, denen sie ähnliche Erfahrungen und ein Reduzieren auf Äußerlichkeiten ersparen möchte. In einem Interview mit der US Zeitschrift Harper’s Bazaar äußert sie sich zu der Thematik: „Ich käme nicht auf die Idee, irgendetwas in meinem Gesicht verändern oder verstecken zu wollen. Ganz im Gegenteil, es erfüllt mich mit Stolz, denn es macht mein Leben sichtbar, es erzählt eine Geschichte, und darauf kommt es an.“
Oscar für deutsch-amerikanische Romanverfilmung
Starke Geschichten erzählt Winslet auch weiterhin auf der Leinwand. 2009 gewinnt sie – es ist ihre insgesamt sechste Nominierung – für ihre Rolle als KZ-Wärterin und Analphabetin in der Verfilmung von Bernhard Schlinks Roman „Der Vorleser“ den Oscar. Dass Winslet nebenbei auch ein ausgeprägtes, und in diesem Fall fast schon prophetisches, Talent für Comedy hat, beweist sie drei Jahre zuvor in der BBC Comedy Serie „Extras“. An der Seite von Comedian Ricky Gervais spielt sie eine Nonne während des Zweiten Weltkriegs und gibt mit bissig britischem Humor unumwunden zu, ihre einzige Motivation für diese Rolle sei der garantierte Oscar, den man für Filme über den Holocaust erwarten könne.
Arbeit hinter der Kamera
Mittlerweile ist Winslet nicht mehr nur vor, sondern auch hinter der Kamera tätig. Sei es als Produzentin im Biopic „Miller“ über die – ebenfalls von ihr gespielte – amerikanische Weltkriegsreporterin und Fotografin Lee Miller, oder als Regisseurin in der Ende des Jahres startenden Netflix-Produktion „Goodbye June“ , bei der sie auch die Hauptrolle spielt.