Eigentlich hatte der DAX schon Kurs auf die 25.000-Punkte-Marke genommen. Doch jetzt gab es einen deutlichen Dämpfer für das deutsche Börsenbarometer, ausgelöst durch neue Konflikte zwischen den USA und China. US-Präsident Donald Trump hatte neue Zölle gegen Peking angekündigt. Die Reaktionen zeigen, wie nervös die Märkte und wie vielfältig die Sorgen der Anleger sind.
Die politischen Entwicklungen in den USA und China, die zahlreichen Handelsstreitigkeiten, hohe staatliche Schuldenquoten, die Krise in Frankreich und die schleppende Konjunktur hierzulande: Gründe, um an den Finanzmärkten nervös zu werden, gibt es derzeit mehr als genug. Umso erstaunlicher erscheint es, dass sich die Börsen davon so unbeeindruckt zeigen.
Team Optimismus: Das spricht gegen einen Crash
1. Die Anleger hoffen auf eine weitere Zinssenkung der US-Notenbank. Solche Schritte wirken meist kursfördernd. Denn durch niedrigere Zinsen werden Anleihen im Gegensatz zu Aktien weniger attraktiv. Zudem geht man davon aus, dass dann auch mehr investiert wird und Gewinne steigen.
2. Die globale Geldmenge befindet sich auf Höchstständen. Sinken die Leitzinsen, werden Kreditpapiere wie Anleihen weniger attraktiv, deren Rendite davon beeinflusst wird – Aktien dagegen umso mehr. Diese Geldmengenausweitung sei der Treibstoff für steigende Kurse bei Sachwerten. Das liegt zum einen an der Erwartung, dass das billigere Geld in neue Fabriken, Produkte und Jobs fließt und dadurch die Wirtschaft schneller wächst.
3. Gewöhnung an chronische Krisen. Robert Halver, Analyst bei der Baader Bank, betont zudem, dass sich die Märkte an „chronische Krisen“ gewöhnt haben und fest auf Zentralbanken als Retter in der Not vertrauen.
4. Weltwirtschaft nach wie vor stabil. Was viele als Argument anbringen: Die politische Instabilität in vielen Ländern, gekoppelt mit wirtschaftlichen Abschottungstendenzen. Der Chefvolkswirt der BayernLB, Jürgen Michels, verweist da aber auf die nach wie vor stabile Weltwirtschaft.
Team Pessimismus: Das spricht für einen Crash
1. Die Sorge vor einer KI-Blase geht um. Gerade die großen Techkonzerne wie Google, Amazon und Microsoft in den USA haben sehr viel Geld in die Künstliche Intelligenz investiert. Die Frage ist, ob sich die Investitionen auch irgendwann mal rechnen. Die Bewertungen von Aktien sind auf beiden Seiten des Atlantiks historisch hoch und die Risikoaufschläge für Unternehmensanleihen historisch niedrig, so Michels von der BayernLB.
2. Einige Marktgesetze scheinen nicht mehr zu greifen. Zudem höre man vermehrt Erklärungsmuster, dass bisherige Volkswirtschafts- und Marktgesetzmäßigkeiten nicht mehr gelten, so Michels weiter. Dies sei in der Vergangenheit oftmals ein Indiz für eine starke Marktkorrektur gewesen. Allerdings hält er weitere Anstiege für möglich, auch eine Jahresendrally, bevor eine Korrektur eintritt.
3. Klumpenrisiko ist da, (aber nicht so sehr in Europa). Für Robert Halver von der Baader Bank ist die Marktkonzentration von Tech-Firmen zwar ein Klumpenrisiko, allerdings sind mögliche Kursrückgänge nichts Ungewöhnliches und „sogar gesund“. Das meint auch Richard Schmidt von der DJE-Fondsgesellschaft, der zudem anführt, dass bei europäischen Investoren so etwas wie eine gesunde Skepsis vorherrsche – sie seien nicht voll investiert.
Was Anleger tun können
1. Vorsicht ist die Mutter der Porzellankiste. Der Chefvolkswirt der BayernLB, Michels, mahnt Anlegerinnen und Anleger zur Vorsicht. Zwar könnten Rücksetzer attraktive Einstiegschancen bieten, doch die Gefahr weiterer Turbulenzen sei real.
2. Portfolio breit streuen und auf sichere Häfen setzen. Chancen sieht Michels insbesondere bei infrastrukturbezogenen Unternehmen in Europa und zinsabhängigen Titeln, sollten Zentralbanken eingreifen. Fondsverwalter Schmidt rät unter anderem, auf ein breit gestreutes Portfolio zu setzen, mit einem Fokus auf Pharma- und ausgewählte KI-Unternehmen.
3. Gold als Anker und Beimischung. Und was sagen die Experten zu Gold? Das Edelmetall wird aktuell seinem Ruf als Fluchthafen gerecht. Der Preis für eine Feinunze notiert bei rund 4.000 Dollar. Schmidt von der DJE-Fondsgesellschaft sieht in physischem Gold und Goldminenaktien eine sinnvolle Ergänzung – auch zur Absicherung gegen Inflation. Halver von der Baader Bank sieht in Aktien die perfekte Altersvorsorge, Gold und Silber seien eher Sicherheitsanker und Kryptowährungen Beimischung. Michels weist darauf hin, dass Gold und Bitcoin mittlerweile auch schon teuer seien. Auch hier hält er Rücksetzer für möglich. Institutionelle Investoren könnten hier Gewinne realisieren, um mögliche Aktienverluste zu kompensieren.