Eine Frau in schwarzer Wäsche und Stilettos liegt wie leblos auf dem Teppich. Mutmaßlich erledigt von ihrer Konkurrentin, von der man nur die Beine sieht – eine triumphierende Pose angedeutet. Ein Auftrag für die französische Vogue 1978 mit dem Titel „In my apartment“. Die ausgestellten Polaroids erscheinen beinahe ebenso perfekt durchkomponiert wie seine endgültigen Werke. Hier und da verrät eine kleine Unschärfe, eine handschriftliche Notiz oder ein Fleck am Rand der Aufnahme, dass es sich um ein Nebenprodukt handelt. Kurz vor seinem Tod bekennt Newton, dass die Suche nach dem perfekten Bild für ihn niemals endete: „Ich bin an einem gewissen Niveau angekommen, aber ich muss immer weiter… ich suche, kämpfe weiter in der Fotografie.“
Polaroids: mehr als ein spontanes Hilfsmittel
Die Intimität, die bei der Betrachtung der kleinformatigen Bilder entsteht, bekommt in der Ausstellung eine ganz andere Dimension durch die sommerlichen Privataufnahmen von Newton und seiner Frau June: unvollkommen, authentisch und von einer unbeschwerten Leichtigkeit. Den großen Raum des Kunstfoyers nehmen Vergrößerungen der Polaroids im 50 mal 60-Format ein.
Dass das Polaroid für Newton am Ende doch mehr war als nur ein Hilfsmittel, darauf deuten die Fotos hin, die das Medium Polaroid selbst zum Motiv machen. Etwa die Ballerina von den Ballets de Monte-Carlo, die in tänzerischer Pose nach vorn geneigt, auf dem Boden verstreute Polaroid-Aufnahmen betrachtet. 1992 gab Newton dann auch ein Buch heraus, das ausschließlich seine Polaroid-Fotografien präsentierte. Grund genug, sie als eigenständige Kunstwerke anzuerkennen.
„Helmut Newton. Polaroids“: Bis 22. Februar im Kunstfoyer der Versicherungsklammer Kulturstiftung in München.