„Putin braucht den [ostukrainischen] Donbass als solchen nicht, denn schon vor dem Krieg war das eine ärmliche Region mit einer äußerst schwierigen Geschichte und nahezu ohne Perspektiven. Der Präsident ist vielmehr mit seiner Imagepflege als Jäger und Sammler beschäftigt und plant, nach einer Pause die Expansion nach Westen wieder aufzunehmen. Das ist sein illusorischer neuer nationaler Traum, oder vielleicht sogar seine nationale Idee“, so einer der mit 100.000 Fans tonangebenden russischen Polit-Kanäle (externer Link).
Regionale Eroberungen würden Putin keinesfalls zufriedenstellen: „Insgesamt ist die Sackgasse unübersehbar, und eine Verlängerung des Krieges wird Russlands Schwäche nur weiter vertiefen, da sich die Gebietsgewinne angesichts ihrer komplexen geopolitischen Lage und ihrer Kontamination durch die Begleiterscheinungen der militärischen Aktionen nicht auszahlen und wahrscheinlich niemals lohnen werden.“
„Putin misstraut Trump“
Dieser Pessimismus ist unter russischen Kommentatoren sehr verbreitet, und zwar sowohl unter den ultranationalistischen Propagandisten, als auch unter den russischen Exilanten. So fragte sich (externer Link) der in London lehrende Politologe Wladimir Pastuchow (158.000 Abonnenten), warum Putin den „Rettungsring“ nicht endlich annehme, den ihm US-Präsident Trump anbiete. Dafür gebe es hauptsächlich drei Gründe: „Putin misstraut Trump und glaubt, dieser werde ihn im Stich lassen, sobald er die Schlinge um den Hals der Ukraine lockert.“
Außerdem zweifle Putin an der „Stabilität“ von Trumps Regierung und fürchte, sobald der US-Präsident abtrete, hätten Abmachungen keinerlei Gültigkeit mehr. Drittens beharre der Kreml auf der Oberhoheit über die gesamte Ukraine: „Der Kreml ist sich darüber im Klaren, dass eine unzerstörte Ukraine, markiert durch eine Waffenstillstandslinie, eine Bombe ist, die früher oder später hochgehen wird.“
„Es ist eine Niederlage“
Publizist Andrei Kalitin verwies darauf (externer Link), dass Putin im Gespräch mit seinem deutschen Ex-Geheimdienstkollegen Matthias Warnig sein Kriegsziel als „Staatsgeheimnis“ bezeichnet haben soll, wie Warnig im Januar 2023 der Hamburger Wochenzeitung DIE ZEIT sagte. Kalitin fragte sich daher: „Wozu das alles? Braucht der Kreml Territorium? Einen Regimewechsel in Kiew? Einen neuen Sicherheitsvertrag? Eine Nichterweiterung der NATO? Neue Märkte? Respekt? In all diesen Bereichen verliert Russland derzeit, außer vielleicht bei den neu eroberten Territorien, die nach Ansicht des Westens nicht das Hauptziel von Moskaus selbstmörderischer Spezialoperation sind.“

