Dem sogenannten „Pisa-Schock“ im Jahr 2000 ist es zu verdanken, dass es in Deutschland immer mehr Ganztagsschulen gibt. Der Bund startete danach ein Förderprogramm und stellte zwischen 2003 und 2009 vier Milliarden Euro für den Ausbau von Ganztagsangeboten bereit.
Wie sich jetzt zeigt, haben diese Ganztagsschulen viele positive Auswirkungen auf die Schüler von Grundschulen und helfen ihnen dabei, besser durch den Schulalltag zu kommen. Das zeigt eine aktuelle Studie (externer Link) des Münchner ifo-Instituts.
Mehr Spaß in der Schule
Rund 90 Prozent der Ganztagsschulen in Deutschland sind sogenannte offene Ganztagsschulen, bei denen das Angebot am Nachmittag auf Freiwilligkeit beruht. Die anderen zehn Prozent sind gebundene Ganztagsschulen. Hier müssen die Schüler an mindestens drei Wochentagen am Nachmittagsprogramm teilnehmen.
Bei der Lernentwicklung der Kinder an Ganztagsschulen sehe man schon heute zum Beispiel messbare Verbesserungen im Fach Deutsch, sagt Armin Seidlitz, einer der Autoren der Studie. Auch wirke sich die Ganztagsbetreuung auf das Schulklima aus. Daten von Schülern, Lehrkräfte, Schulleitungen und Eltern zeigten, dass es dadurch eine bessere Stimmung im Alltag gibt.
Weniger Mobbing und mehr Übertritte ins Gymnasium
Zufriedenere Schüler bedeuten auch, dass es weniger Mobbing gibt, sagt der Forscher, der sonst am Institut für Arbeitsmarktforschung in Nürnberg arbeitet. Auch würden Kinder mehr Zeit mit Lesen verbringen, so Larissa Zierow, Professorin für Volkswirtschaftslehre von der Hochschule Reutlingen und zweite Autorin der Studie. Nicht zuletzt konnten die beiden Studienautoren feststellen, dass es an Ganztagsschulen mehr Übertritte ins Gymnasium gibt.
Keine Verbesserungen bei Mathematik
Insgesamt gebe es eine ganze Reihe positiver Effekte. Nicht überall konnten diese aber nachgewiesen werden. Zum Beispiel seien im Schulfach Mathematik keine Verbesserungen messbar gewesen. Arnim Seidlitz sagt: „Die Idee war ja immer, dass die Ganztagsschule besonders auch Kindern hilft, die aus weniger privilegierten Familien kommen oder aus einem migrantischen Haushalt. Da konnten wir keine spürbar messbaren Effekte feststellen.“
Auf der anderen Seite wurden aber auch keine negativen Auswirkungen für Kinder aus privilegierten Familien, in denen es mehr Lernunterstützung gibt, gemessen.
Gestaltung des Unterrichts ist wichtig
Macht es also Spaß, länger Schule zu haben? So könnte man es interpretieren, meint Seidlitz: „Wir sehen in unseren Daten, dass Förderangebote und Freizeitangebote am Nachmittag eine große Rolle spielen, wenn es um die positiven Effekte der Ganztagsbetreuung geht.“ Spezielle Kurse für leistungsschwächere Kinder brächten zudem spürbare Verbesserungen. Diese hänge aber stark von den Ressourcen der jeweiligen Schule ab, so die Studienautoren.
Insgesamt sei es so, dass fast alle Ganztagsschulen ein Mittagessen und eine Hausaufgabenbetreuung anbieten. Die Gestaltung des Nachmittagsprogramms an Ganztagsschulen spielt also eine wichtige Rolle, wenn es darum geht, inwieweit Schüler davon profitieren.
Forscher: „Könnte mehr Daten geben“
Bei ihren Untersuchungen stützen sich die Autoren auf Daten der „National Educational Panel Study“ (NEPS), die vom Leibniz-Institut für Bildungsverläufe an der Otto-Friedrich-Universität in Bamberg erhoben werden. Für die Studie wurden Daten von 2012 bis 2017 verwendet. Das seien die besten Daten, die man in Deutschland bekommen könne, sagt Seidlitz: „Insgesamt müssen wir als Bildungsforscher aber sagen, dass es mehr Daten in Deutschland geben könnte.“
Die Daten des NEPS kombinierten die Forscher mit administrativen Zahlen des Investitionsprogramms „Zukunft Bildung und Betreuung“ (IZBB). Mit diesem Programm hatte der Bund ab 2003 den Ausbau von Ganztagsschulen in Deutschland massiv vorangetrieben.

