Der „Abriss des Jahres“ 2024 in Bayern steht fest. Die bayernweite Abstimmung des Bayerischen Landesvereins für Heimatpflege hat ergeben, dass der Abriss eines denkmalgeschützten Gebäudes in der Landshuter Wagnergasse als bedauernswertester Verlust empfunden wird.
Landshut: Trauriges Abriss-Beispiel
Das 400 Jahre alte Renaissance-Handwerkerhaus in Landshut habe die Wagnergasse jahrhundertelang geprägt, so der Bayerische Landesverein für Heimatpflege in seiner Mitteilung. Abriss sei immer die fantasieloseste Lösung, kritisierte der Geschäftsführer des Vereins, Rudolf Neumaier. Es gehe nicht nur um den Verlust historischer Bauten, die das Gesicht von Orten prägten. Auch würden Ressourcen vernichtet, die einst in den Bau geflossen seien. Gerade in Zeiten des Klimawandels sei es unverantwortlich, noch nutzbare Gebäude abzureißen, statt sie zu erhalten und umzunutzen.
Stadt Landshut rechtfertigt Abriss
Die Stadt Landshut ist anderer Meinung. In einer Stellungnahme vom Freitag rechtfertigte sie den Abriss: Der Boden senke sich im Bereich der Wagnergasse stark – bis zu 80 Zentimeter seien in den vergangenen Jahren beobachtet worden. Diese Absenkungen würden laut Messungen auch weiter fortschreiten. Deshalb sei der Abbruch des Handwerkerhäuschens aus Sicherheitsgründen unumgänglich gewesen. Vor dem Haus führt eine Straße und ein stark frequentierter Schulweg vorbei, so die Stadt.
Zwar bedauere man den Abbruch des jahrhundertealten Hauses mit Renaissancegiebel am Eingang zur Altstadt, jedoch hätte „eine sicherlich wünschenswerte Sanierung des Gebäudes erhebliche Eingriffe in den Baugrund erfordert“. Aufgrund der unmittelbaren Nähe weiterer, auch denkmalgeschützter Gebäude und einer Stützmauer zur Isar „wären diese Eingriffe mit nicht kalkulierbaren Risiken verbunden gewesen“, so die Stadt Landshut.
Bad Birnbach und Grafenrheinfeld auf den Plätzen 2 und 3
Auf Platz zwei auf der Liste von zwölf Abrissen des vergangenen Jahres landete ein fast 200 Jahre altes Handwerkerhaus aus Holz in Bad Birnbach, dessen Abriss vom Landratsamt genehmigt wurde, ohne den Denkmalpfleger zu hören. Ein Vorgehen, das die Regierung von Niederbayern laut Verein später als rechtswidrig einstufte.
Auf Platz drei kamen die gesprengten Kühltürme des Atomkraftwerks Grafenrheinfeld. Die Sprengung habe zu etwa 55.000 Tonnen Bauschutt geführt, kritisierten die Heimatpfleger. Kletterhallen, Clubs oder andere kulturelle Einrichtungen hätten in den Zwillingstürmen, einem „markanten Wahrzeichen der Region“, Platz finden können.
Landesverein: „Auch Gebäude sind Teil der Heimat“
Die Aktion „Abriss des Jahres“ wurde zum dritten Mal vom Landesverein für Heimatpflege veranstaltet. Dabei stehen nicht nur Gebäude zur Wahl, die auf der Denkmalliste stehen beziehungsweise standen, sondern generell Bestandsbauten. „Denn bayerische, fränkische und schwäbische Heimat besteht eben nicht nur aus Dialekten oder Bräuchen, sondern zu einem sehr bedeutenden Teil auch aus dem gebauten Erbe“, erklärte Olaf Heinrich, der Vorsitzende des Landesvereins.
Dass es möglich sei, Gebäude weiterzuentwickeln, statt sie abzureißen, zeigten „Hunderte gute Beispiele in ganz Bayern“, betonte Geschäftsführer Neumaier. Er sprach von einem „alarmierenden Trend“ zum Abriss. Damit gehe die Geschichte der Gebäude „unwiederbringlich verloren“.