Zuerst einmal ein Schock: Karl Lagerfeld war tatsächlich einmal jung. Na ja, mitteljung. Man hatte das schon völlig vergessen. Kein gepuderter Zopf, keine Brille, kein blasiertes Ego. Braune Haare und Vollbart – wie König Ludwig sehe er aus, meinte der Typ in der Schwulenbar, der sein unglücklicher Lebenspartner werden sollte, Jacques de Bascher.
Paris 1972: Prêt-à-porter-Fußvolk versus Haute Couture
Es glitzert das Jahr 1972 in den Pariser Clubs und Dark Rooms, viel Disco und Hedonismus. Karl, der Sohn eines Hamburger Kondensmilch-Fabrikanten, lebt mit seiner „Mutti“ in einem Pariser Appartement – für den Hang zum Feudalen ist noch nicht genug Erfolg da, und die Mutter, von Lisa Kreutzer gespielt, erklärt ungerührt in ihrem Griesgram, dann gebe er noch nicht genug. Yves Saint Laurent, der geniale Kontrahent, ist schon ein Star, während Karl als künstlerischer Leiter bei Chloé Prêt-à-porter entwirft, also Mode für die Straße, und sich Frotzeleien gefallen lassen muss von Saint Laurents gerissenem Manager Pierre Bergé: Es gebe eben die Haute Couture mit der Kavallerie – und die Infanteristen; das Fußvolk der Prêt-à-porter:
An Marlene Dietrich scheitert er. Den rot-violetten Hausanzug, den Lagerfeld für sie entwarf, findet sie schrecklich. Ob er farbenblind sei? Sunnyi Melles spielt die Diva mit aufblitzender Schärfe, ansonsten somnambul in ihrer aufs Kanapee zurückgezogenen Alters-Isoliertheit.
Liebes- und Intrigantenleid in der Mode-Branche
Wie viel Verletztheit steckt in der Sucht nach Ruhm, wie viel Rachedurst und wie viel genialische Getriebenheit? Die Serie tippt das an, verliert sich aber im Liebes- und Intrigantenleid ihrer Protagonisten. Der zurückgestoßene Jacques de Bascher bedient die Gelüste des völlig verkoksten Rivalen Yves Saint Laurent. Lagerfeld kauft ein Schloss in der Bretagne. Das Liebesspiel zwischen ihm und Bascher endet ein für alle Mal desaströs: beim Entfummeln aus den gerüschten Männerhemden im Kerzenschein offenbart sich Lagerfelds Panik, berührt zu werden. Eine Liebe bleibt es trotzdem, wenn auch eine mit Machtgefälle und in Abhängigkeit.