Bisher gibt es in München nur wenige Orte, die an Regisseur Rainer Werner Fassbinder erinnern. In seiner Heimatstadt war man ihm trotz internationalen Ruhms lange nicht sonderlich zugetan. Nach seinem frühen Tod 1982 stritt der Münchner Stadtrat etwa erst wochenlang, bevor er schließlich die Bestattung von Fassbinders Urne auf dem prestigeträchtigen Bogenhausener Friedhof genehmigte. Erst seit 2004 gibt es einen Rainer-Werner-Fassbinder-Platz.
Am Samstag soll nun an der Fassade des Hotels „Deutsche Eiche“ ein neues Stück Erinnerungskultur enthüllt werden. Die Besitzer Sepp Sattler und Dietmar Holzapfel haben ihm ein Denkmal in Form eines Mosaiks setzen lassen. Wieder ist es der Mosaikkünstler Franco Notonica, der schon im vergangenen Jahr ein Erinnerungsbild für Freddie Mercury für die Fassade des Hotels geschaffen hat. Fassbinder war Stammgast in der „Deutschen Eiche“, die auch in mehreren seiner Filme auftaucht.
Dass man sich im biederen München mit der Figur Fassbinder lange schwertat, lag nicht zuletzt an seinem Ruf als „enfant terrible“, als das wilde Wunderkind des deutschen Films. Getrieben von einer verzehrenden Schaffenskraft, die ihn in nur 18 Jahren ein Werk schaffen ließ, das andere kaum in einem deutlich längeren Leben zustande bringen. Über vierzig abendfüllende Filme, dazu zwei Fernsehserien, knapp zwanzig Bühnenstücke, dazu Hörspiele und die Auftritte als Schauspieler in Filmen von Reinhard Hauff, Uli Lommel oder Volker Schlöndorff.
Die Deutschen fürchteten sich vor ihm
Rainer Werner Fassbinder war bei Schlöndorff „Baal“, der begabte Dichter aus dem gleichnamigen Theaterstück von Bertolt Brecht, ein junger Mann, der nicht nur mit seiner Kunst, sondern auch mit seiner Lebensweise die Normen und Regeln der bürgerlichen Gesellschaft hinterfragt. Fassbinder spielte das 1970 nicht nur auf der Leinwand – er verkörperte diese Rolle sein Leben lang. Er war der Künstler, vor dem die Deutschen nie aufhörten, sich zu fürchten. Weil er unbequem war, laut und rebellisch, und seine Homosexualität offen lebte. Weil er in seinen Filmen den Finger auf Wunden legte. Weil er die kleinbürgerliche Spießigkeit der Wirtschaftswunderzeit beschrieb und das deutsche Mitläufertum im Nationalsozialismus.