Angesichts dieser visuellen Achterbahnfahrt ist es recht plausibel, dass Hutter bereits derangiert im Schloss ankommt. Nachvollziehbar ist auch das chronische Flattern, in das die Präsenz des Grafen sein kleines Panikherz versetzt. Tatsächlich aber bleibt Nicholas Hoult in seiner Rolle derart konsequent verschreckt, dass man darin eine bewusste Inszenierung vermuten muss, sozusagen die Umkehr eines Horrorfilmklischees. Oft genug sind es Frauen, die kreischend vor Monstern davonrennen. Hier ist Panik Männersache.
Hutters Ehefrau Ellen, verkörpert von Lily-Rose Depp, wird dagegen deutlich aufgewertet. Nicht nur bannt sie am Ende die Gefahr, indem sie sich dem Vampir hingibt. Bei Eggers ruft sie ihn auch herbei. Von Anfang an ist die Erzählung auf sie fokussiert. Ihr Begehren bringt die Katastrophe über eine Zivilisation, in der sonst keckernde Männer in steifen Kragen den Ton angeben.
Reiner, roher Drang
Und darin liegt der wahrscheinlich größte Unterschied, den Eggers Verfilmung zu anderen Adaptionen aufweist. Selbst der Vampir ist hier eine Nebenfigur, nur eine Seite ihrer Psyche. Dazu passt, dass sich Vampir Bill Skarsgård im sturen Kontrabass durch diesen Film hindurchröchelt – zu eintönig, um ein kompletter Charakter zu sein. Und gerade deswegen die perfekte Verkörperung von reinem, rücksichtslosem Instinkt, von rohem Drang; ein Drang, der natürlich nichts ist, ohne das, worauf er sich richtet. Nichts ohne Ellen.
Obwohl sich Eggers Bilderfeuerwerk irgendwann abnutzt, die Albtraumsequenzen nach zwei Stunden etwas ermüden – dieser Dreh macht seinen „Nosferatu“ doch sehenswert.