Nußberger lehrt Verfassungs- und Völkerrecht
Angelika Nußberger sorgt sich um die Menschenrechte in der Gegenwart. „Wir haben das Gefühl, dass die Menschen nicht mehr so im Mittelpunkt stehen, wie sie eigentlich im Mittelpunkt stehen sollten – sondern dass die Interessen von Staaten und große Pläne und Agenden im Mittelpunkt stehen.“
Auch deshalb dieses Buch. Angelika Nußberger lehrt Verfassungs- und Völkerrecht an der Universität Köln. Sie war acht Jahre lang als Richterin am Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte tätig, zwei davon als Vizepräsidentin. Sie erinnert, mit Blick auf die Verschiebung vom Blick auf die Menschen zu den Interessen von Staaten, an den Umgang mit Flüchtlingen. „Wir wissen, dass hinter jedem Flüchtling eine schwierige, eine traurige, eine dramatische Geschichte steht. Und die Flüchtlinge werden instrumentalisiert in der internationalen Politik.“
Die Geschichte einer großen Idee
Themen wie Flucht und Migration, aber auch die Situation in Russland unter Putin nehmen im Kinderbuch über die Menschenrechte, ihre Geschichte und auch ihre Philosophie eine wichtige Rolle ein. Angelika Nußberger und Rotraut Susanne Berner widmen sich auch dem Schutz der Umwelt. Sie erinnern an die Klagen von portugiesischen Jugendlichen und von den Schweizer Klimaseniorinnen beim Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte.
Die erste wurde negativ beschieden, die andere nicht – da sich die Schweizer Klimaseniorinnen zunächst an ein Gericht in ihrem Land gewandt hatten. Mit dieser Geschichte habe man zeigen wollen, „wie hier ganz neue Themen in ein altes Korsett quasi gebracht werden“, sagt Nußberger. „Denn die Menschenrechts-Konvention enthält kein Recht auf Klimaschutz. Sie enthält noch nicht einmal ein Recht auf Umweltschutz. Aber sie enthält ein Recht auf Privatsphäre, in das man es hineininterpretieren kann.“
Ein leises, immer wieder erhellendes Buch, anschaulich erzählt, feinsinnig bebildert und auch ästhetisch schön gestaltet: Es zeigt die Geschichte einer großen Idee und ihre beständige Fortschreibung. Angelika Nußberger und Rotraut Susanne Berner erinnern auch daran: Neben den Menschenrechten dürfen auch die Menschenpflichten nicht vergessen werden.