Er schrieb 2018 ein Buch, das als „Gift für Linke“ und „Zumutung für Rechte“ angepriesen wurde, ein „Konservatives Manifest“. Darin verfasste Wolfram Weimer nichts weniger als „Zehn Gebote“ für den modernen Wertkonservativen. Klar, dass der kantige Journalist und Verleger, der bei der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“, für den Axel-Springer- und den Burda-Verlag tätig war, mit diesem Bekehrungseifer gern gesehener Talkshow-Gast wurde.
Nun soll Weimer Staatsminister für Kultur und Medien der künftigen Bundesregierung werden.
„Leute schätzen, wenn jemand zu seinen Werten steht“
Weimer ist vor allem wirtschaftsliberal, sicherlich kein Nationalist. So kritisierte er mal die deutsche Nationalhymne, weil ihr Verfasser August Heinrich Hoffmann von Fallersleben (1798 – 1874) Antisemit gewesen sei. Konservativ heißt für Weimer offenbar in erster Linie: Zurück zu den bürgerlichen Tugenden vergangener Zeiten.
So sagte er bei einem seiner TV-Auftritte: „Die Leute schätzen, wenn jemand authentisch ist, wenn er wahrhaftig ist, wenn jemand zu seinen Werten steht. Heutzutage will man von einem konservativen Mediziner behandelt werden, in der Bank höre ich: Diese Anlage ist ganz sicher, also konservativ. Auf einmal ist das Konservative, das vorher noch unappetitlich war, irgendwie angesagt. Der wahre Wertkonservative, der sagt, konservativ heißt nicht, an dem hängen, was gestern war, sondern ein Leben aus dem, was immer gilt.“
„Treiber für konservative Reflexe“
Wolfram Weimer sieht sich diesbezüglich im Einklang mit dem Zeitgeist: „Das Mindset ganzer Generationen verschiebt sich nach rechts. Ein zweiter Grund ist natürlich: Eine beschleunigte Globalisierung mit einer sehr dynamischen Veränderung aller Lebenswelten führt zu Sicherheitsreflexen, das ist ein wesentlicher Treiber für konservative Reflexe. Du ziehst dich zurück in deine Nation, deine Heimat, in deinen Kokon. Und dann würde ich schon sagen: Wenn eine linke Politik über lange Zeit übertrieben hat, dann gibt es einen Backlash.“
Wolfram Weimer ist sicher keiner der Kulturpessimisten, wie sie im konservativen Lager häufig anzutreffen sind, ganz im Gegenteil: Ins allgemeine Klagelied über die fatalen Folgen der sozialen Medien stimmt er ausdrücklich nicht ein, und Donald Trump hält er auch nicht für sonderlich gefährlich. Er sei halt ein begabter Schauspieler, der gern augenzwinkernd formuliere, was die Amerikaner auch verstünden.
„Weniger Greta Thunberg und mehr Ludwig Erhard“
Ob Weimer als Kulturstaatsminister den Bürokratieabbau so forsch vorantreibt, wie er ihn als Journalist forderte, wird sich noch herausstellen: „Schließlich braucht unser Staat eine Fitness-Kur. Deutschland ist überreguliert und hat zu viel Bürokratie. Kurzum: Für 2025 gilt – weniger Greta Thunberg und mehr Ludwig Erhard.“
An der Kulturpolitik wird sich das Schicksal der neuen Regierung sicherlich nicht entscheiden. Aber Wolfram Weimer wird einen schweren Stand haben, sollte er seine persönlichen wertkonservativen Ansichten zum Maßstab seiner politischen Entscheidungen machen. So äußerte er sich abfällig über die vermeintliche „Gender-Ideologie“ und Coming-outs prominenter Personen, was ihm in der Kulturszene kaum Beifall einbringen dürfte. Diese Art Bürgerlichkeit, die an Betulichkeit grenzt, ist dort wenig verbreitet.
Weimer – ein Kommunikationsprofi
Auch die „Sehnsucht nach Gott: Warum die Rückkehr der Religion gut für unsere Gesellschaft ist“, so einer seiner Buchtitel, wird unter Kulturschaffenden eher wenig geschätzt. Immerhin: Wolfram Weimer weiß offenbar um die Last seiner Verantwortung: „Die Sorge habe ich auch: Wenn wir die nächste Bundesregierung nicht zu einer guten, entschiedenen und handlungsfähigen Regierung machen, dann haben wir bei der Wahl 2029 ein zweites 1933. Das ist ein Riesenproblem. Auf der anderen Seite wissen das alle Akteure der Parteien der Mitte. Ich bin der festen Überzeugung, dass sich die Parteien zusammenraufen werden und dass wir nicht eine Ampel 2 erleben.“
Inhaltlich passt Wolfram Weimer perfekt zum politischen Profil von Friedrich Merz. Ein Mann, der als Konservativer glaubwürdig, aber nicht rückständig sein will. Und von Kommunikation müsste Weimer als Medienmann ja auch viel verstehen – womöglich der eigentliche Grund für seine Nominierung zum Kulturstaatsminister.