Es gibt nicht viele Sendungen, bei denen sich so etwas wie Vorfreude einstellt. Schon gar nicht im linearen Fernsehen. „Kitchen Impossible“ gehört dazu.
Seit 2014 gibt es die Kochshow. Die zehnte Staffel läuft aktuell bei VOX. Und das nach bewährtem Rezept: Fernsehkoch Tim Mälzer duelliert sich pro Folge mit einem oder einer Kollegin. Wechselseitig setzt man sich Gerichte vor, die der Kontrahent nach Verkostung in der Originalküche nachkochen muss. Ohne Rezept. Und am Ende entscheidet eine Jury von bestallten Essern, wie nahe die Kopie am Original dran ist.
Der Running Gag besteht darin, dass Mälzer es eigentlich immer mit besseren (will sagen: „besternteren“) Kollegen zu tun hat. Duelliert haben sich mit ihm unter anderem schon der Münchner Küchenchef Jan Hartwig (drei Sterne), der ebenfalls TV-routinierte Franke Alexander Hermann (zwei Sterne) oder die Hamburger Sterneköchin Cornelia Poletto.
Das Bluthochdruckzentrum des deutschen Fernsehens
Am häufigsten hat Mälzer aber wahrscheinlich gegen Tim Raue (zwei Sterne) gekocht. Die beiden verbindet eine intensive Freund-Feindschaft, die vor der Kamera mit viel Lust an der rhetorischen Invektive ausbalanciert wird.
Man muss es einmal sagen: Das Format funktioniert fantastisch. Kitchen Impossible ist das Bluthochdruckzentrum des Deutschen Fernsehens. Nirgends sonst kann man derart regelmäßig derart viele nicht immer gertenschlanke Männer (ja doch, meistens sind es Männer) bei niagarafallartigen Schweißausbrüchen beobachten. Nirgendwo sonst liegen Küchen- und Existenzkrisen so nah beieinander. Geflucht wird dabei naturgemäß viel. Tatsächlich dürfte die Beleidigungsdichte in keinem anderen Format höher sein als in diesem.
Auch Hans Jörg Bachmeier trat schonmal an
Es sei halt auch „kompliziert“, sagt Hans Jörg Bachmeier im BR-Interview. Auch er war schon mehrfach bei „Kitchen Impossible“ dabei. Und das in verschiedenen Rollen. In Staffel acht musste Mälzer seinen Krustenschweinebraten aus der Münchner Wirtschaft „Sedlmayer“ nachkochen („Des war lustig!“).
In Staffel neun dann trat er selbst an und wurde von Mälzer nach Sizilien geschickt, um dort Arancini (gefüllte Reisbällchen) zu machen, süditalienisches Streetfood also. „Du denkst, das ist easy zu machen, aber du bist in einem ganz anderen Umfeld und plötzlich hast du dann Stress.“ Für Bachmeier damals zu viel Stress. Er musste sich Mälzer geschlagen geben, wie so viele seiner Kollegen.
Konversion in der Küche
Dabei ist das Stressschwitzen nur ein Teil des Formats. Am schönsten sind die Folgen, in denen etwas gelingt. Die Überwindung eigener Vorurteile etwa. Exemplarisch geschehen im Staffel acht, als Mälzer erst schwerstgrantelnd ein Kohlrabi-Karotten-Irgendwas seines Kollegen Simon Tress verkostet. Nicht nur „brutal lokal“, sondern auch „Leaf to Root“, für Mälzer zu viel Ideologie („Das ist Peter Lustig aus der Hölle, was ich hier machen muss“).
Einen Tag später, nach der küchenpraktischen Anverwandlung des Gerichts, ist dann alles anders. Sogar „ein bisschen cool“ findet Mälzer die Sache jetzt. So viel aufrichtige Konversion war selten im deutschen Fernsehen.
Jamie Oliver erstmals dabei
In der neuen Staffel gibt es insgesamt wieder acht Gelegenheiten dafür. Elf Köchinnen und Köche hat sich Mälzer eingeladen. Darunter viele alte Bekannte. Tim Raue und Cornelia Poletto sind wieder mit dabei. Dazu der wahlfrankfurter Schnitzel-Spezialist Mario Lohninger, auch so ein Mälzer-Buddy, und – zum ersten Mal – der Pionier des Kitchentainments: Jamie Oliver. Mälzer und er kennen sich, seit sie in den Neunzigern in London in derselben Küche standen.
Die erste Folge bestreitet Mälzer gegen Philipp Vogel, der sich in seinem Berliner Restaurant auf Pekingente spezialisiert hat. Ihr Duell feiern die beiden allerdings in und rund um Köln ab, Vogels Heimatstadt. Nicht ganz überraschend. Auch das ist nämlich ein bewährtes Narrativ von „Kitchen Impossible“: die Apotheose der „ehrlichen, guten Heimatküche“ (Vogel), respektive „Mamaküche“ (Mälzer), als das Nonplusultra allen kulinarischen Strebens.
Diesmal wird sie vertreten durch den rheinischen Klassiker „Himmel und Ähd“ (Blutwurst mit Kartoffelbrei) und die nicht weniger regionaltypische Ente mit Blaukraut und Knödel, die Entenspezialist Vogel in einer dem eigenen Bekenntnis nach „ehrlosen“ Kochaktion mindestens mal teilversemmelt („Ich schäm’ mich wirklich dafür!“).
Wenig Neues also bei „Kitchen“. Aber immer wieder schön anzuschauen.