In Hof sind Anfang Oktober ’89 innerhalb von wenigen Tagen der junge Mann und rund weitere 14.000 andere Männer, Frauen und Kinder aus der DDR mit Zügen angekommen. Sie wurden mit großen Jubel empfangen und von vielen Haupt- und Ehrenamtlichen aus der Stadt versorgt. Sie hatten alle nicht mehr dabei als Reisetaschen und Rucksäcke. Die DDR-Bürger hatten zuvor wochenlang in der Prager Botschaft der Bundesrepublik ausgeharrt, bis das SED-Regime endlich ihre Ausreise genehmigte. Und das unter der Bedingung, dass die Züge mit den Flüchtlingen von Prag wieder zurück in die DDR fahren und dann erst in den Westen.
Hof als Teil der Weltgeschichte
Hof sorgte vor 35 Jahren rund um den Globus für Schlagzeilen. Inzwischen erinnert ein Denkmal am Hauptbahnhof an die spektakuläre Reise der Botschaftsflüchtlinge. Aber in der deutschen Öffentlichkeit sind diese historischen Momente etwas in Vergessenheit beraten, bedauert der Hofer Kulturamtsleiter Peter Nürmberger. Umso wichtiger sei es, dass am Theater Hof das Schauspiel „Das Wunder von Hof“ seine Uraufführung feiert. Nun gastiert drei Tage lang das Eisenbahn-Theater am Güterbahnhof.
Für das dokumentarische Theaterstück „Über den Zaun“ hat Regisseur Siemssen mit dem Ensemble zahlreiche Zeitzeugen befragt: Botschaftsflüchtlinge, Mitarbeitende in der Botschaft, Anwohner in Prag, Helferinnen und Helfer in Hof. Und ihre Erlebnisse, ihre Sehnsüchte nach Freiheit und Demokratie, ihre Ängste in Szenen umgesetzt.
Sehnsucht nach Freiheit, Angst vor Gewalt
In und vor den Waggons erlebt das Publikum so die historischen Momente von 1989 hautnah mit. „Wir machen quasi eine Zeitreise. Sind zum Beispiel in den Wohnzimmern, wo die Menschen ihre Flucht planten, sind auf dem Weg nach Prag dabei und natürlich auch in Hof, wo sie so großartig empfangen wurden“, sagt der Regisseur. Das Publikum ist auf mehreren Spielstationen unterwegs – sitzt mal mitten im Abteil mit den Schauspielern und Schauspielerinnen, steht dann wieder vor dem Zug in einem Küchenzelt, wie es das BRK im Garten der Botschaft aufgebaut hatte.
Zu den Requisiten gehört auch ein Trabi – er reist festgezurrt auf einem Waggon bei dieser ungewöhnlichen Tournee mit durch Deutschland.