„In der spezifischen Luzerner Mischung aus Katholizismus und permanentem Rieselregen gedeiht mitunter eine Spezies Mensch, die den Röntgenblick für den helvetischen Spießer hat“: Emil Steinberger wurden schon früh Kränze geflochten. Phil Meyers Dokumentarfilm ist eine weitere Eloge, sozusagen die Bündelung bisheriger Hommagen. Meyer hat eine Fülle von Archivmaterial dazu zusammengetragen. Einer, der nahezu über Nacht berühmt und der Liebling der deutschsprachigen Schweiz geworden ist – und nicht nur der Schweiz. Auch in Deutschland erreichte Emil ein Millionenpublikum mit seinen Sketchen und wurde so zum Inbegriff des Eidgenossen.
Emil Steinberger, geboren 1933 in Luzern, der zum Entsetzen seiner Eltern selbst die sichere Laufbahn eines Postbediensteten aufgegeben hatte, um sich der komischen Kunst zu verschreiben – Emil verkörperte vorzugsweise kleine Beamte und Kleinbürger, betuliche Charaktere, mitunter auch beflissene, bauernschlau zuweilen, oft bedächtig bis zur Behäbigkeit.
Humor frei von Häme und Gehässigkeit
Emils populärste Nummern stammen aus einer Zeit, als Menschen noch über Wählscheibentelefone kommunizierten und zum Zeitvertreib Kreuzworträtsel in Illustrierten lösten, statt über Handy-Displays zu wischen. Und doch wirkt sein Humor nicht aus der Zeit gefallen. Emil verstand es, menschliche Macken und Marotten hin zur Kenntlichkeit zu überzeichnen, das aber frei von Häme und Gehässigkeit, dafür zeitlos schön. Im Grunde wie Loriot. In „Typisch Emil“ versuchen Weggefährten und Bewunderer das Geheimnis dieser Ikone zu ergründen. Von Theatermacher Christoph Marthaler über Emils Kabarettkollegen Franz Hohler bis zu Comedian Kaya Yanar: „Ich weiß noch, als Kind war ich so extremst beeindruckt, wie er mit so wenig einen riesen Eindruck fabrizieren konnte. Das war für mich Magie.“
Rückzug ins Private in New York
Steinberger wurde seine Rolle als Everbody’s Emil irgendwann zu viel. In den 90ern zog er für einige Jahre nach New York. Was ihn für die Öffentlichkeit freilich nur umso interessanter machte. „Ich hab dann Kolumnen geschrieben für Zeitungen und dann ging’s nicht lange, da kam das Fernsehen – man konnte zwei Stunden machen mit Emil in New York“, erzählte er in einem TV-Interview.
Auch wenn der Rückzug ins Private nicht recht gelingen wollte, fand Emil in New York sein privates Glück, lernte er doch dort seine zweite Frau Niccel kennen. Auch die Geschichte dieser Liebe erzählt der Film, und davon, wie Emil mit ihr als Rückhalt schließlich wieder in die Heimat und auf die Bühne zurückkehrte.
Leicht irritierend: Steinberger selbst Coautor und Produzent
Es ist das sympathische Portrait eines Philanthropen, das Regisseur Phil Meyer in „Typisch Emil“ zeichnet. Absolut sehenswert, dank einer Fülle von Archivschätzen und Interviews. Einzige leichte Irritation: dass Emil Steinberger selbst Coautor und Produzent des Films ist, also am Denkmal als Schweizer Nationalheiliger, das ihm Meyer errichtet, mitgebastelt hat – während der Film doch so tut, als wäre er lediglich einer über Emil, nicht auch von ihm. Am Ende ist es wohl so, dass der Menschenfreund Emil auch dringend zurückgeliebt werden will. Da kann es nicht schaden, wenn man die Hand drauf hat, was so ein Film über einen erzählt. Das freilich ist: allzu menschlich. Und sei Emil, der immer einen liebevollen Blick auf menschliche Schwächen warf, verziehen.