Wer einmal durch BookTok scrollt, der lernt: Bücher zu schreiben, die die Lesenden kaum aus der Hand legen können, gehört zum Erfolgsrezept von Sebastian Fitzek. Man findet dort Sätze wie: „Wenn ich euch sage, dieses Buch hat mich gefesselt, dann ist das noch untertrieben.“ Dass man die ganze Nacht durchgelesen habe, heißt es oft.
Fitzek schreibt nicht nur Thriller
Weltweit wurden Fitzeks Werke über 20 Millionen mal verkauft. Er trifft bei den Lesenden offenbar einen Nerv. Das weiß der Erfolgsautor selbst natürlich am besten. „Ich glaube auch, viele der professionellen Kritikerinnen und Kritiker, die wissen überhaupt gar nicht, warum Menschen lesen“, verkündete Fitzek in einem ZDF-Interview auf der Leipziger Buchmesse. „In erster Linie lesen sie, um unterhalten zu werden, aber auch, um abzuschalten. Und da braucht es etwas, was einen catched, was einen rausreißt.“
Berühmt geworden ist Sebastian Fitzek durch seine Thriller. Er bedient allerdings auch andere Genres, ohne Morde, Gemetzel oder Blutvergießen. Zumindest fast. Der Tod spielt in seinem neuen Roman „Horror-Date“ nämlich dann doch eine Rolle.
Todgeweihte trifft Todgeweihten
Zu Beginn lernen wir Nala kennen. Sie ist Therapeutin und wegen eines Hirntumors sterbenskrank. Auf der Dating-Plattform „The Walking Date“ – einer App, speziell für Liebessuchende, deren Lebenszeit wegen Alter oder Krankheit begrenzt ist – lernt Nala Raphael kennen.
Beide lieben Literatur und tauschen sich anonym im Chat aus. Doch Raphael ist nicht ganz ehrlich zu Nala. Aus Angst, sie könnte enttäuscht von seinem Anblick sein, überredet er seinen besten Freund Julius, zum ersten Date mit ihr zu gehen.
Julius wiederum ist dieser Typ, der kein einziges Buch im Schrank hat, ein Mann für kuriose Start-up-Ideen. Wie zu erwarten für eine Verwechslungsgeschichte, folgt Notlüge auf Notlüge. Die Katastrophe nimmt ihren Lauf. Und wer das beim Lesen kurz mal vergessen haben sollte, der bekommt es am Ende fast jeden Kapitels nochmal eingetrichtert („Ich wollte (…) mit ihm gemeinsam sterben.“).
Konstruierter Plot, unlustige Anzüglichkeiten
Sebastian Fitzek versucht auch in „Horror-Date“ das, was er wie kein Zweiter kann: zu fesseln. Doch trotz binge-reading-freundlichen Kurzkapiteln, trotz unzähliger Teaser, Cliffhanger und Twists fällt es schwer, sich den Figuren anzuschließen, sich für ihre Schicksale ehrlich zu interessieren. Zu schablonen- und klischeehaft wirken ihre Persönlichkeiten, zu konstruiert ist der Plot.
Zwar gibt es Momente, in denen Fitzek Gänsehaut entstehen lässt. Das allerdings nur, weil die Geschichte einfach unangenehm ist. Unangenehm unlustig. Da fällt Julius schon mal aus Versehen ein Kondom aus dem Geldbeutel. Und seine Verlobte wird beim versauten Seitensprung mit ihrem Professor erwischt.
Da fällt selbst der Fitzek-Fan vom Glauben ab
Soll das vielleicht nach einem beliebten Internet-Meme-Mantra funktionieren – „I’m cringe but I’m free“? Ist diese Geschichte der Versuch, Katharsis durch Fremdscham zu erreichen? Sich selbst von der eigenen Scham zu befreien? Dazu fehlt Fitzek am Ende dann auch wieder die Konsequenz.
Womöglich liegt das daran, dass es am Ende eben doch um ein ernstes Thema geht: den Tod und das Leben. So infantil und wirr der Roman zwischenzeitig daherkommt, so großspurig und existentiell versucht er zu enden. Das passt nicht gut zusammen.
Das Suspense-Potential liegt in diesem Fall also vielleicht gar nicht in der Geschichte selbst, sondern eher in ihrer Wirkung: „Horror-Date“ könnte auch noch den treusten Fitzek-Fan vom Glauben abbringen.