Bühl am Alpsee. Direkt neben der Kirche steht ein imposantes Haus. Auf einem Baugerüst in Höhe des ersten Stocks schlagen drei Männer die verwitterten Holzschindeln von der Fassade. 2020 wurde die Alte Schule Bühl in letzter Sekunde gerettet – von einer Gruppe Bürgerinnen und Bürger, die sie nun denkmalgerecht wieder herrichten wollen. Schreiner Guido Böck ist einer von ihnen. Sein Engagement begründet er so: „Wir fahren alle in Urlaub und schauen uns die schönen Altstädte an und die Gebäude. Und vor der eigenen Haustür will man die Gebäude abreißen. Das ist immer ein bisschen schade.“
Genossenschaft sammelt 150.000 Euro
Nicht alle im Ort sahen das damals so – manche hätten gern ein neugebautes Gemeindehaus gehabt. Doch die Befürworter der Alten Schule gründeten eine Genossenschaft; und hatten binnen drei Wochen die 150.000 Euro für den Kauf beisammen, erzählt Susan Funk, erste Vorständin der Genossenschaft: „Da gab es diesen Vibe in der Gruppe. Wir haben gut miteinander funktioniert, hatten einfach Lust drauf, das auszuprobieren. Und auch eine Verpflichtung den ganzen Menschen gegenüber – zu zeigen, dass wir es auch machen und uns wirklich darum kümmern.“
Anwohner retten Schulgebäude aus dem Jahr 1865
Erbaut 1865, haben Generationen von Kindern hier gelernt – aus Bühl und den umliegenden Dörfern. Für sie war die Schule immer ein Treffpunkt. Und das soll das Gebäude auch künftig wieder sein: Mit einem Saal für Hochzeiten oder Vereinsfeiern, Coworking-Spaces und einem Dorfcafé. Doch es gab immer wieder Herausforderungen: Vor zwei Jahren wäre das Projekt fast gescheitert, weil Fördermittel fehlten.
Nun hat die Genossenschaft knapp 1,2 Millionen Euro erhalten – von der Stiftung Denkmalschutz und einem Fonds vom Freistaat: Man ist überzeugt vom Einsatz der Gruppe, die Ortsmitte zu erhalten und neu zu beleben. Genossenschafts-Mitglied Veronika Sedlmair: „Durch diese Arbeit der Genossenschaft, die sehr eigeninitiativ ist, kann sich sowas auch viel mehr in einem Ort verwurzeln. Wenn jetzt ein Investor kommen würde und sagt: Ja, wir machen das so – das ist einfach eine ganz andere Beziehung.“
Auch gerettet: „Die Fanni“ in Pischelsdorf
Etwa 175 Kilometer nordöstlich, im oberbayerischen Pischelsdorf. Auch hier haben sich Menschen zu einer Genossenschaft zusammengetan, um ein 150 Jahre altes Gebäude zu retten: Hier ist es das Wirtshaus; benannt nach der früheren, etwas eigenwilligen Wirtin „Fanni“. 40 Jahre lang stand es in der Dorfmitte leer, erzählt Konrad Moll: „Ich denke, der Hauptgrund war das Versprechen, das die Erbin der Fanni am Sterbebett gemacht hat: dass sie die Wirtschaft erhält und das Gebäude nicht verändert. Sonst kommt sie in der Nacht und davor hat sie Angst gehabt, die Erbin.“
Weil sich die Menschen aus Pischelsdorf wieder ein Wirtshaus wünschten, nahmen sie die Sache in die Hand – und renovieren „die Fanni“ in Eigenregie. Der Filmemacher Hubert Neufeld hat das Projekt bis zur Wiedereröffnung begleitet und einen Dokumentarfilm daraus gemacht.