Social-Media-Plattformen wie TikTok oder Instagram sollten nach Ansicht der Grünen-Vorsitzenden Franziska Brantner für Kinder und Jugendliche unter 16 Jahren verboten werden. „Ich befürworte eine Altersgrenze von 16 Jahren für Social Media ausdrücklich“, sagte die Bundesvorsitzende der Partei der „Stuttgarter Zeitung“ und den „Stuttgarter Nachrichten“.
„Jede und jeder, der Kinder im Teenageralter oder auch jünger hat, weiß, da ist etwas außer Kontrolle geraten“, fügte Brantner hinzu: „Diese unsozialen Medien machen unsere Kinder süchtig. Davor müssen wir sie schützen.“
Anbieter sollen „suchtfreie Algorithmen“ einsetzen
Es müsse nun darum gehen, „kluge und umsetzbare Wege zu finden, eine Altersgrenze für Social Media nicht nur zu beschließen, sondern auch in der Praxis umzusetzen“, so Brantner. Es sei eventuell noch besser, die Anbieter zu zwingen, nur „suchtfreie Algorithmen“ einzusetzen. „Klar ist: Es braucht endlich eine Durchsetzung unserer Regeln im digitalen Raum“, sagte die Grünen-Vorsitzende.
Vor einigen Wochen hatte sich bereits Brantners Parteikollege Cem Özdemir für eine Altersgrenze von 16 Jahren bei der Social-Media-Nutzung ausgesprochen und ein Verbot der unbegleiteten Nutzung durch Jugendliche gefordert. Es gehe um „ein schrittweises Ranführen“ an Soziale Medien, hatte Özdemir, der als Grünen-Spitzenkandidat bei der Landtagswahl in Baden-Württemberg im kommenden Jahr antritt, gesagt.
Auch für den Suchtbeauftragten läuft etwas „aus dem Ruder“
Laut einem aktuellen Diskussionspapier der Nationalen Akademie der Wissenschaften Leopoldina (externer Link) nutzen rund 46 Prozent der 10- bis 11-Jährigen in Deutschland mindestens einmal die Woche TikTok. Knapp fünf Prozent der Kinder und Jugendlichen würden in Deutschland im Umgang mit Social Media bereits ein riskantes Suchtverhalten zeigen – über 20 Prozent eine Vorstufe davon. Ob Vorgaben der Plattform-Betreiber wie etwa jene von TikTok, dass Nutzer mindestens 13 Jahre alt sein müssen, ausreichen, um Kinder zu schützen, erscheint angesichts dieser Zahlen fraglich.
Hendrik Streeck (CDU), der Sucht- und Drogenbeauftragter der Bundesregierung, forderte deswegen jüngst „strikt abgestufte Altersvorgaben für soziale Medien“, die auch wirksamer kontrolliert werden müssten. Er warnte vor einer „Verhaltenssucht“ bei Kindern: „Wir sprechen im Schnitt von vier Stunden in sozialen Netzwerken, zwei Stunden mit Computerspielen und zwei Stunden mit Streamingdiensten pro Tag“, sagte Streeck. Das seien „bedenklich hohe Werte“. Wenn „42 Prozent der Zehn- bis Elfjährigen einen TikTok-Account“ hätten, laufe da „etwas aus dem Ruder“, so Streeck in der „Rheinischen Post“.
Bundesbildungsministerin schlägt Altersverifikation vor
Als prominente Befürworterin einer Altersgrenze trat zuletzt auch Bundesbildungsministerin Karin Prien (CDU) auf. Auch sie begründete ihre Haltung mit dem Suchtpotenzial, das von der Nutzung von Handys und sozialen Netzwerken ausgehe. „Ich glaube, wir müssen uns bewusst machen, dass wir über massive gesundheitliche psychische Störungen und Gefahren für Kinder und Jugendliche sprechen“, sagte sie im Deutschlandfunk. Eine Möglichkeit für mehr Schutz könne eine gesetzlich verankerte Altersverifikation sein.
Verbände warnen vor pauschalen Verboten
Forderungen nach Altersgrenzen und mehr Kontrolle stoßen allerdings nicht nur bei den Plattform-Betreibern auf Skepsis, sondern auch bei Experten, die darauf verweisen, dass ein solcher Schritt wohl auf EU-Ebene umgesetzt werden müsse und daher kaum durchsetzbar sein dürfte.
Auch der Kinderschutzbund sprach sich gegen Streecks Forderungen aus. Kinder hätten ein Recht auf digitale Teilhabe, sagte der Vizepräsident des Vereins, Joachim Türk, dem „RedaktionsNetzwerk Deutschland“. Die Plattformen müssten sichere und altersentsprechende Angebote entwickeln, pauschale Verbote, wie Streeck sie vorschlage, würden Jugendliche dagegen unvorbereitet in die Erwachsenenwelt entlassen, so Türk.
Auch die Vorsitzende des Sozialverbands Deutschland, Michaela Engelmeier, sagte dem RND, zwar sei die Debatte wichtig, restriktive Lösungen wären aber falsch: „Die Herausforderungen der Digitalisierung lassen sich nicht zurückdrehen. Ein Mindestalter mag sinnvoll klingen, ist aber kein respektvoller Umgang mit Jugendlichen.“
Mit Informationen von dpa