Electronic Arts war nie für Charmeoffensiven bekannt. Eher für das Gegenteil: Das Unternehmen hatte lange ein Dauer-Abo auf den Titel „unbeliebtestes Unternehmen Amerikas“. Und das war durchaus nachvollziehbar, Kritiker warfen EA aggressive Monetarisierung vor, die Spieler nach dem Kauf eines Spiels mit teuren Zusatzinhalten zur Kasse bat.
Dazu kam der rüde Umgang mit übernommenen Studios, die nach kurzer Zeit wieder geschlossen wurden. Der Konzern stand sinnbildlich für alles, was Spieler an der Industrie hassen. Und doch, oder gerade deswegen, schaffte es das 1982 gegründete Unternehmen, Milliarden damit zu verdienen. Mit Dauerbrennern wie „Die Sims“, „Battlefield“, „Apex Legends“ oder dem Fußballspiel „EA Sports FC“ stieg EA zu einem der wichtigsten Hersteller der Welt auf.
Ein 55-Milliarden-Deal
Nun wird der Gigant selbst zum Spielball. Rund 55 Milliarden US-Dollar zahlen Investoren, um EA von der Börse zu nehmen. Hinter dem Deal stehen der saudische Staatsfonds PIF, die US-Firma Silver Lake und Jared Kushners Investmentvehikel Affinity Partners. Die Anleger jubeln: 210 Dollar pro Aktie, ein Aufschlag von 25 Prozent auf den Kurs vor Bekanntwerden. Bis spätestens Mitte 2026 soll der Abschluss durch sein, Andrew Wilson bleibt CEO.
Soft Power made in Riad
Doch mit dem Kauf zieht nicht nur frisches Kapital ein, sondern auch eine politische Dimension. Saudi-Arabien nutzt seit Jahren den globalen Sport- und Unterhaltungsmarkt, um Soft Power zu gewinnen: vom Fußball über die Formel 1 bis zu Games. Dass nun auch EA, einer der größten Publisher der Welt, in saudischen Einflussbereich rutscht, dürfte in westlichen Hauptstädten aufmerksam registriert werden. Soft Power funktioniert im 21. Jahrhundert eben nicht mehr nur über Fernsehrechte, sondern auch über digitale Lebenswelten, in denen Millionen Spieler täglich Stunden verbringen.
Konsolidierung der Spielebranche
Für den Spielemarkt ist es das nächste Erdbeben nach der Übernahme von Activision Blizzard durch Microsoft im Jahr 2023. Binnen kurzer Zeit sind zwei der größten Branchengrößen in die Hände von Mega-Investoren übergegangen. Das könnte die Konsolidierung beschleunigen: Mittelgroße Studios könnten unter Druck geraten, weil sie weder mit den Marketingbudgets noch mit den Vertriebsnetzen der Konzerne mithalten können.
Für Spieler wiederum droht weniger Vielfalt, dafür mehr Standardware und noch stärkere Bindung an Abo-Modelle, Ingame-Shops und exklusive Plattform-Deals. Und weil es sich um einen „Leveraged Buyout“ handelt, bei dem die Schulden bei EA selbst landen, erwarten Branchenkenner Einsparungen, Umstrukturierungen und womöglich massiven Stellenabbau.
Kushner und die Geopolitik der Games
Für Saudi-Arabien öffnet der Kauf die nächste Tür: Games als Ergänzung zu Sport und Entertainment, als Instrument der Imagepolitik und möglicherweise auch als Daten- und Einflussplattform. Kushners Rolle ist dabei nicht nur die des Finanzierers, als Schwiegersohn von Donald Trump hat er einen direkten Draht ins politische Zentrum der USA. Wer in Zukunft über Games spricht, spricht damit auch über geopolitische Macht.
Neue Regeln für die Branche
Sicher ist nur: EA verschwindet von der Börse, aber das eigentliche Spiel hat gerade erst begonnen. Und diesmal werden die Regeln nicht mehr allein in Kalifornien gemacht.