Die EU testet eine neue Alters-App, die Minderjährige besser schützen könnte. Das neue System geht auf den Digital Services Act von 2022 zurück und wird derzeit in Dänemark, Frankreich, Griechenland, Italien und Spanien erprobt. Anders als bisherige nationale Alleingänge – wie das kürzlich in Großbritannien eingeführte System – setzt die EU auf einen einheitlichen Standard. Bereits 2026 könnte das Verifikationssystem europaweit eingeführt werden. Die EU-Kommission verspricht eine Lösung, die praktikabel ist und kein zahnloser Tiger bleibt.
So funktioniert die neue Altersverifikations-App
Das Herzstück ist eine spezielle App, die Nutzer mit ihrem Personalausweis verknüpfen können. Alternativ sollen auch Banking-Apps als Altersnachweis dienen. Wichtig: Die App speichert nur das Alter, nicht Namen oder andere persönliche Daten. Will man eine altersbeschränkte Website besuchen, drückt man in der App den Button „Alter prüfen“. Per PIN oder Fingerabdruck bestätigt man dann seine Berechtigung.
Datenschutz durch Datensparsamkeit
Im Gegensatz zu anderen Systemen verspricht die EU-Lösung mehr Privatsphäre. Anbieter erfahren nur, ob jemand alt genug ist – nicht das konkrete Alter oder Geburtsdatum. Das Open-Source-System soll Transparenz gewährleisten und den Wildwuchs bei Ausweisscans und Kreditkarten-Checks beenden.
Damit unterscheidet es sich deutlich vom britischen Modell, wo Nutzer Ausweise hochladen oder Gesichtsscans durchführen müssen – was dort einen VPN-Boom ausgelöst hat und zudem technisch schlecht zu funktionieren scheint.
Kritiker befürchten Ausweitung der Kontrolle
Bürgerrechtsorganisationen warnen dennoch vor einer schleichenden Ausweitung des Systems. Ursprünglich für den Jugendschutz vor Pornografie und Glücksspiel gedacht, könnte es später auch bei Foren, Live-Streams oder Online-Spielen zum Einsatz kommen. Problematisch wird es, wenn Staaten oder Unternehmen das System nachlässig umsetzen.
Dann ließen sich womöglich doch Nutzerprofile erstellen – wer wann wo sein Alter nachweisen musste. Zudem stellt sich die praktische Frage: Was machen Menschen ohne Smartphone?
Altersnachweis für Social Media?
Mit der neuen Technologie wäre auch ein Social-Media-Verbot unter 16 Jahren umsetzbar, wie es bereits vielfach gefordert wird. Denn: Die negativen Auswirkungen von Social Media auf die Gesundheit Heranwachsender sind inzwischen gut dokumentiert.
Doch praktische Hürden bleiben: VPNs, das Smartphone der Eltern oder andere Umgehungsmöglichkeiten machen eine hundertprozentige Kontrolle unmöglich. Ob also am Ende wirklich weniger Pornos geschaut werden, ist nicht sicher. Dennoch könnte das neue System – bei guter Umsetzung – einen wichtigen gesellschaftlichen Beitrag leisten, indem es eine Norm für verantwortungsvolle Internetnutzung fördert und Eltern ein Hilfsmittel zur Umsetzung ihrer bevorzugten medienpädagogischen Erziehung an die Hand gibt.