Die Angebote sind zahlreich. Googelt man danach, finden sich dutzende Dienste, die versprechen, Emojis von Bildern entfernen zu können. Dazu finden sich auch Medienberichte, die mit Verweis auf eine Medienkompetenz-Initiative erklären, dass KI den Schutz der Kinder durch Emojis auf ihren Gesichtern unwirksam machen würde.
„Angstmacherei“ nennt das die Cybersecurity Lisa Ventura gegenüber dem britischen „Independent“ (externer Link). Wird ein Emoji auf ein Kinder-Gesicht gesetzt und das gespeichert, werde das Originalbild überschrieben. Man könne nicht dahinter sehen. Dass Fremde mithilfe von KI nun per Emoji vollständig zensierte Kinder-Gesichter mit ein paar Klicks originalgetreu wieder herstellen können, ist folglich ziemlich unwahrscheinlich. Vor allem aber ist es relativ unerheblich.
Gefahr: Erkennbare Gesichter können auf fremde Körper gelegt werden
Denn: Wie Ventura und andere Experten anmerken, ist das Gesicht eines Kindes ohnehin nur eine von zahlreichen Informationen, die ein Foto in sozialen Medien vermitteln kann. Selbst mit Emoji vor dem Gesicht könnten dort Fremde möglicherweise sehen, wo das Kind wohnt, zur Schule geht, gerne Eis isst. Fakten, die man wohl nicht achtlos mit jedem teilen würde. Und: Die vermeintliche Sicherheit der Emoji-Verschleierung, die Ventura „mehr Sicherheitstheater als tatsächliche Sicherheit“ nennt, könnte Eltern ja sogar dazu bringen, noch mehr von ihren Kindern zu posten.
Dennoch ist das Posten von Bildern mit klar erkennbarem Gesicht nochmals deutlich risikobehafteter: Mithilfe von KI-Programmen können etwa Pädokriminelle mit wenigen Klicks das Gesicht eines Kindes auf nackte Körper oder in pornografische Situationen versetzen. Dafür reicht schon ein einziges Foto, egal wie wohlüberlegt es ausgewählt wurde. „New York Times“-Tech-Autor Brian X. Chen legte erst kürzlich in einem Beitrag dar (externer Link), warum genau diese leichte Verfügbarkeit von Deepfake- oder „Nudifier“-Apps ihn und seine Frau bewogen habe, keinerlei Bilder ihrer jungen Tochter in sozialen Medien zu teilen.
Dass auch Kinderfoto-Abstinenz nicht völlig ohne Gegenargumente ist, zeigt ein Leitfaden zum sensiblen Umgang mit Kinderfotos und -videos, den die Initiative Save the Children Deutschland Vereinen, Schulen und anderen Organisationen zur Verfügung stellt (externer Link). So gebe es durchaus Gründe, Fotos von Kindern zu veröffentlichen – weil Kinder Teil der Gesellschaft seien und Beachtung und Wertschätzung erfahren sollten, aber auch weil Fotos mit Kindern etwa helfen können, Aufmerksamkeit, Unterstützung und Spenden für Organisationen zu sammeln, die Kindern helfen.
Keine einfache Lösung
Eine völlig glasklare Patentlösung für das Posten von Kinderfotos in sozialen Medien gibt es also nicht. Naheliegend ist aber wohl für viele Eltern der Komplett-Verzicht auf Kinderbilder in sozialen Medien. Mit der Familie und engen Freunden kann man dennoch Fotos über verschlüsselte Messenger wie WhatsApp teilen. Auch dann müsste man allerdings allen Beteiligten vertrauen und ihnen einschärfen, diese Fotos nicht ungefragt weiterzuverbreiten.
Wer abseits solcher privaten Kommunikationskanäle auch Fotos in sozialen Medien teilen will, sollte gut überlegen, was ein Foto oder Video neben Gesicht und Co. über das Kind preisgibt – und ob er wirklich bereit ist, das mit der Welt zu teilen.
Tipps zum Posten
Darüber hinaus kann man sich am Leitfaden von Save The Children orientieren. Dort wird geraten, das Gesicht des Kindes nicht zu präsentieren, sondern von hinten oder aus der Ferne zu fotografieren. Zudem sollte man nur vollständig bekleidete Kinder zeigen und auf Gruppenfotos bzw. Fotos mit Erwachsenen zurückzugreifen, die man nicht einfach wegschneiden kann.
Bei der Motivwahl muss man zudem beachten, dass das Setting von Fremden sexualisiert werden könnte, etwa weil das Kind auf einem Bett sitzt, geschminkt ist oder eine Banane isst. Solche Fotos sollte man laut Save The Children besser nicht posten.
Darüber hinaus gilt es auch in sozialen Medien darauf zu achten, dass das Bild im besten Fall nicht öffentlich, sondern etwa nur für Freunde oder bestimmte Follower verfügbar sowie nicht für jedermann teil-, herunterlad- und kommentierbar ist. Auf zusätzliche Informationen zum Kind, wie Namen, Geburtsdatum, Wohnort, sollte man beim Posten verzichten.