Chancen und Risiken
„Gleichzeitig möchte ich die Potenziale – ebenso wie mögliche Risiken – von KI keineswegs kleinreden“, so Janssen. Studien zeigten, dass KI-Tools etwa die Produktivität von Mitarbeitern in Entwicklerteams steigern können. Es sei daher nicht auszuschließen, dass in Zukunft Aufgaben, die bisher MINT-Berufseinsteiger mit mittlerer Qualifikation erfüllen, von KIs erledigt werden.
Von Horror-Szenarien, wonach die Hälfte aller Einstiegsjobs von Informatikern & Co. von jetzt auf gleich durch KIs ersetzt wird, hält Janssen zugleich wenig. Solche Prognosen habe es schon in den 1960ern angesichts von Maschinen gegeben. Ob eine neue Technologie in Betrieben wirklich eingesetzt werde, hänge an viel mehr Faktoren als nur an der technischen Machbarkeit. Berufe veränderten sich durch Innovationen oftmals, verschwänden aber nicht. Zudem könnten sogar völlig neue Berufe und Tätigkeitsfelder entstehen.
Hochschulen: Wandel ja, Jobkrise nein
An der TU München beobachte man die Auswirkungen von KI auf den Arbeitsmarkt sehr genau, so ein Sprecher. Tatsächlich sehe man, dass Unternehmen – auch abseits der Tech-Branche – zunehmend prüfen, welche Aufgaben von KI übernommen werden können. Gerade darum sei es wichtig, dass Studierende an der TUM weitreichende Kompetenzen etwa auch im Bereich KI erwerben.
Auch Frank-Michael Schleif von der TH Würzburg-Schweinfurt sieht die Aufgabe der Hochschule darin, die Studierenden beim Erwerb von KI-Kompetenzen zu begleiten. „Wichtig ist es, die Entwicklung nicht als Bedrohung, sondern als Wandel mit neuen Möglichkeiten zu begreifen“, findet der Dekan der Informatik-Fakultät. Sowohl in München als auch Unterfranken sieht man derzeit aber eine weiterhin hohe Nachfrage nach Informatik-Absolventen.
Siemens: KI ist Werkzeug und nicht Ersatz für den Menschen
Und was sagt die andere Seite des Arbeitsmarktes, die Arbeitgeber? „Insgesamt betrachtet kann KI sicher einige der Lücken, die durch den Fachkräftemangel entstehen, schließen, sie kann aber nicht den gesamten Fachkräftemangel lösen“, schreibt Technologie-Riese Siemens dem BR. Die komplexen Arbeitsfelder bei Siemens erfordern demnach Praxiswissen und Lösungsskills, für die man noch den Menschen braucht. Man sehe daher KI als Werkzeug und als sinnvolle Ergänzung, nicht als Ersatz für Menschen.
Ähnlich sieht es auch Automobilkonzern BMW. Auch dort stehe der „Mensch im Mittelpunkt“, heißt es auf BR-Anfrage. KI solle Mitarbeitende bei Routine-Aufgaben entlasten, könne aber auch dabei helfen, Produktivität und Geschwindigkeit zu erhöhen. „Das im Artikel der ‚New York Times‘ beschriebene Szenario können wir derzeit für unser Unternehmen noch nicht bestätigen“, so der Sprecher.